Christinnen und Christen brauchten einander - sogar, wenn es Phasen des Kopfschüttelns gebe, sagte die langjährige Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) der "tageszeitung". Vor allem brauche die Welt Menschen, die von einer Kraft leben, die großer sei als die Neigung zum Fatalismus.
Im Alltag der christlichen Menschen spielten die Unterschiede zwischen evangelischer und katholischer Kirche nur noch selten eine Rolle. Und das sei ein Segen, sagte Bahr: "Vor ein paar Jahrzehnten haben im katholischen Münsterland die Katholischen am Karfreitag die Wäsche aufgehängt, um die Evangelischen zu ärgern. Es gab Prügeleien zwischen Kindern, denen der Umgang mit 'den Anderen' verboten war. Wer sich als Katholik in eine Protestantin verliebte, konnte sogar enterbt werden."
Diese Konflikte seien allmählich verschwunden. Sie glaube dabei nicht, dass das an der Arbeit der ökumenischen Gremien liege: "Der Alltag hat sich verändert." Theologische Differenzen hätten sich im Alltag irgendwie verschliffen, und zwar nicht erst durch das, was sie Entkirchlichungsprozesse nenne, sagte Bahr. Jetzt gebe es die Gruppe der Christinnen und Christen, die in manchen Gegenden zusammen als verschrobene Minderheit wahrgenommen werden: "Trotzdem sollte man die konfessionellen Prägungen nicht unterschätzen."