Hannover (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat sich für eine staatliche Mitwirkung an der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche ausgesprochen. Es gebe einen Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in den Willen zur Aufklärung von Missbrauch in der Kirche, sagte Bedford-Strohm am Samstagvormittag vor dem evangelischen Kirchenparlament.
So lange das so sei, müsse die Kirche auch Angebote nutzen, die von außen gemacht würden, um Aufarbeitung zu leisten, die das uneingeschränkte Vertrauen auch von Betroffenen genieße. Eine wichtige Rolle komme dabei dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, zu.
Die EKD verhandelt derzeit mit dem Missbrauchsbeauftragten Rörig über eine Vereinbarung für eine unabhängige Aufarbeitung ähnlich der, die die katholische Kirche im vergangenen Jahr bereits unterzeichnet hatte. Anfang März hatten EKD und Missbrauchsbeauftragter erklärt, eine Vereinbarung solle noch bis zum Ende des Sommers vor Ende von Rörigs Amtszeit erfolgen. Ein weiteres Treffen soll im Mai stattfinden.
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte sich im April 2020 mit dem Unabhängigen Beauftragten auf verbindliche Kriterien für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt geeinigt und mit der Einsetzung von der Kirche unabhängiger Aufarbeitungskommissionen begonnen.
Die EKD hatte im Herbst 2018 einen Elf-Punkte-Plan zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche beschlossen. Er sieht neben einer Zusammenarbeit mit dem Unabhängigen Beauftragten zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs auch wissenschaftliche Studien und die Beteiligung von Betroffenen an der Aufarbeitung vor. Am Freitag war bekannt geworden, dass der im August eingesetzte Betroffenenbeirat der EKD, der die Aufklärung von Missbrauch begleiten soll, offenbar vor der Auflösung steht. Fünf Mitglieder des zwölfköpfigen Beirats waren innerhalb der vergangenen Monate aus dem Gremium ausgetreten.
Die konstituierende Sitzung zum Beginn der neuen Amtsperiode der EKD-Synode, wie das evangelische Kirchenparlament genannt wird, fand wegen der Corona-Pandemie als Online-Videokonferenz statt.