Gütersloh, Berlin (epd). Junge Menschen sorgen sich einer aktuellen Umfrage zufolge wegen der Corona-Krise um ihre Ausbildungschancen. Mehr als 70 Prozent der Jugendlichen in Deutschland seien der Ansicht, dass sich ihre Chancen durch Corona verschlechtert haben, heißt es in einer am Donnerstag in Gütersloh veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung. Das seien rund zehn Prozentpunkte mehr als im Vorjahr (2020: 61 Prozent). Bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung sind es demnach sogar 78 Prozent. Der Sozialverband VdK mahnt mehr Unterstützung für junge Menschen an.
Die Chancen auf einen Studienplatz werden von Jugendlichen hingegen besser beurteilt: Nur jeder Vierte (24 Prozent) gab an, dass sich die Chancen auf einen Studienplatz verschlechtert hätten. Das bessere Stimmungsbild führt die Bertelsmann Stiftung darauf zurück, dass in der Pandemie keine Studienplätze weggefallen seien. Nur das Studium selbst sei mühsamer, da es in Pandemie-Zeiten komplett online ablaufe.
Mehr als jeder zweite Jugendliche (53 Prozent) hat der Studie zufolge den Eindruck, die Politik tue wenig oder gar nichts für Ausbildungsplatzsuchende. Das sind lediglich drei Prozentpunkte mehr als bei der Befragung im August vergangenen Jahres. Weitere 20 Prozent gaben an, dass die Politik zwar viel tue, aber noch immer nicht genug.
Vier von fünf Schülerinnen und Schülern haben der Befragung zufolge Interesse an einer Ausbildung. So wollen demnach mehr als 40 Prozent der 14- bis 20-Jährigen, die noch Schüler einer allgemeinbildenden Schule sind, auf jeden Fall eine Ausbildung machen. Weitere 36 Prozent sind noch unentschieden.
Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz angetreten oder eine Zusage erhalten haben, sind der Umfrage zufolge zufrieden mit ihrer Wahl. Mehr als 80 Prozent hätten auf einer fünfstufigen Skala die beiden positivsten Bewertungen abgegeben, erklärte die Stiftung. Bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung sei die Zufriedenheitsquote mit 95 Prozent besonders hoch.
"Wir müssen jedem jungen Menschen eine Ausbildungsperspektive geben, gerade in der Krise", forderte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Das sei eine Frage der Chancengerechtigkeit und diene der Fachkräftesicherung. Jede Krise vernichte dauerhaft Ausbildungsplätze. Ausbildungsprämien für Betriebe reichten nicht aus, um diese Entwicklung aufzuhalten. "Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie", forderte Dräger.
Der Sozialverband VdK mahnte die Politik, die Sorgen der Jugendlichen ernst zu nehmen. "Wir dürfen diese jungen Menschen nicht sich selbst überlassen, wenn wir den sozialen Zusammenhalt nicht gefährden wollen", sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele in Berlin. Wenn sie keine Unterstützung von der Politik bekämen und sich Betriebe aus der Verantwortung zögen, stünden im Herbst viele junge Menschen auf der Straße. Es sei im Interesse aller, zu verhindern, dass junge Menschen nach der Schule den Anschluss verlieren. "Wir alle brauchen gut ausgebildete Menschen, die mit ihren Beiträgen die sozialen Sicherungssysteme finanzieren."
Für die repräsentative Untersuchung befragte das Meinungsforschungsinstitut iconkids & youth im Auftrag der Bertelsmann Stiftung vom 11. Februar bis 3. März dieses Jahres 1.700 junge Menschen zwischen 14 und 20 Jahren. Die überwiegend online geführten Befragungen wurden um Einzelinterviews ergänzt.