Berlin (epd). Der Berliner Intensivpfleger Ricardo Lange hat an die Bevölkerung appelliert, bei den teils heftigen Debatten über die Eindämmung der Corona-Pandemie das Leid schwer an Covid-19 erkrankter Menschen, ihrer Angehörigen und Pflegenden nicht aus den Augen zu verlieren. Seit einem Jahr arbeiteten seine Kolleginnen und Kollegen an der Belastungsgrenze und darüber hinaus, sagte Lange am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Berlin. Nicht nur die körperliche, auch die seelische Belastung sei gestiegen.
Lange schilderte, es passiere häufig, dass ein Patient, mit dem man am Abend noch über die Familie geredet habe, am nächsten Morgen nicht mehr da sei, weil er gestorben ist. An Covid-19 Verstorbene müssten wegen des Infektionsschutzes in schwarze Plastiksäcke mit Reißverschluss gehüllt werden. "Das macht etwas mit einem", sagte Lange. Daran müsse man sich auch "als Mensch" gewöhnen, weil man immer vor Augen habe, es könne die eigene Mutter sein.
Der Pfleger räumte ein, er sehe auf den Intensivstationen nur die schweren Verläufe und Menschen, die daran sterben, weniger die leichten oder symptomlosen Verläufe. Diese "Betriebsblindheit" wolle er aber allen vermitteln, die demgegenüber eben nur die leichten Verläufe im Umfeld sehen. Er warnte davor, sich in Diskussionen "nur noch in Extremen" zu bewegen. Verschiedene Meinungen seien wichtig, aber man müsse auch überlegen, welche Botschaft man damit vermittele, sagte Lange.