Psychologische Beraterin: Corona hat Sicherheitsgefühl erschüttert

Psychologische Beraterin: Corona hat Sicherheitsgefühl erschüttert
28.04.2021
epd
epd-Gespräch: Michael Grau

Hannover (epd). Die Auswirkungen der Corona-Krise werden die Menschen aus Sicht der Diplom-Pädagogin und Lebensberaterin Angela Wilhelm noch lange beschäftigen. "Wir bemerken eine Zunahme an depressiven Störungen, weil die Sicherheit und Stabilität der Menschen im Laufe des Jahres erschüttert worden ist", sagte Wilhelm dem Evangelischen Pressedienst (epd). Viele Strukturen, an denen sich die Menschen sonst orientiert hätten, seien verloren gegangen.

"Wir müssen uns damit abfinden, dass wir mit Unsicherheiten umgehen müssen", sagte sie. Doch das gelinge nicht allen. Wilhelm ist Leiterin des Evangelischen Beratungszentrums der Diakonie in Hannover.

Angesichts von Corona suchten belastete Menschen zurzeit vermehrt die Unterstützung der Beratungsstellen, sagte sie. Darunter seien Alleinerziehende, Singles, Paare, Familien und Senioren ebenso wie Kinder und Jugendliche. Gemeinsam mit 13 anderen Beratungsstellen, die im Arbeitskreis psychosoziale Versorgung in Hannover vernetzt sind appelliert Wilhelm an Politik und Gesellschaft, die Beratungsstellen nicht im Stich zu lassen: "Das Aufarbeiten der Krise wird beginnen, wenn die eigentliche Pandemie bezwungen ist", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Beratungsstellen stellten sich auf "tiefgreifende Folgen" ein.

Eine besondere Herausforderung sei die Corona-Krise für alleinlebende Menschen, erläuterte Wilhelm. Sie organisierten normalerweise ihr Wochenende mit Freunden oder Kultur. "Das fällt jetzt alles weg", sagte sie. So werde Einsamkeit zum großen Thema, besonders bei Älteren.

Auch Paarbeziehungen seien einer Belastungsprobe ausgesetzt. Weil Korrektive von außen fehlten und auch Ablenkung, meldeten sich bei vielen jetzt unterschwellige Konflikte, die es auch zuvor schon gegeben habe. "Für viele ist es eine große Herausforderung, das Miteinander zu organisieren und Streitereien zu bewältigen", sagte Wilhelm. Deshalb habe der Bedarf an Paarberatung sowie an Trennungs- und Scheidungsberatung zugenommen.