Oldenburg, Osnabrück (epd). Im Fall eines mutmaßlich bibeltreuen Staatsanwaltes aus Oldenburg, gegen den eine Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt vorlag, sind die Ermittlungen eingestellt worden. "Es gab keinen Tatverdacht", sagte Alexander Retemeyer, Sprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft in Osnabrück, auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Hingegen sei ein behördeninternes Disziplinarverfahren weiterhin offen, hieß es am Montag aus der Beschäftigungsbehörde, der Staatsanwaltschaft Oldenburg.
Bevor eine Entscheidung in der Sache getroffen werden könne, solle zunächst die Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft Osnabrück ausgewertet werden, erläuterte Thorsten Stein, Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg. Nach einem Bericht der Oldenburger Nordwestzeitung soll der Staatsanwalt vor dem Landgericht Oldenburg in einem Plädoyer aus religiösen Gründen eine milde Strafe wegen Kindesmisshandlung gefordert haben. Zwischenzeitlich war deshalb die Strafanzeige einer Privatperson wegen Strafvereitelung im Amt eingegangen. Aus Neutralitätsgründen hatte die Staatsanwaltschaft in Osnabrück die Ermittlungen geleitet.
In der Verhandlung ging es um einen 55-jährigen Familienvater, der nachweislich seine Kinder geschlagen hatte. Der Ankläger habe sich dabei auf den Bibelsatz berufen "Wer sein Kind liebt, der züchtigt es", berichtete das Blatt im Oktober. Der Staatsanwalt relativierte die Taten des Familienvaters nach Angaben der Nordwestzeitung auch mit den Worten, es sei noch gar nicht so lange her, da sei das Schlagen der eigenen Kinder erlaubt gewesen. Die Vorsitzende Richterin habe fassungslos auf diese Argumente reagiert.
"Religiöse Begründungen gehören nicht in ein Plädoyer", erklärte daraufhin die Oldenburger Staatsanwaltschaft in einer Stellungnahme. Es dürfe kein Zweifel an staatlicher Neutralität gegenüber den Religionen aufkommen. "Und schon gar nicht dürfen religiöse Erwägungen sich gegen gesetzliche Vorgaben wenden und begangenes Unrecht relativieren."
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft hatte dem epd gesagt, vor Gericht sei zu den Äußerungen zwar kein Wortprotokoll geführt worden, aber "sinnhaftig wird das nicht in Abrede gestellt". In seiner Erklärung zu dem Plädoyer schrieb er, Kinder hätten ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperverletzungen gegen Kinder seien im besonderen Maße Unrecht und dies müsse auch in einem Plädoyer deutlich werden: "Der hier vermittelte Eindruck, Gewalt als Mittel der Kindererziehung sei akzeptabel oder als Bagatellvergehen zu behandeln, ist falsch."