Berlin (epd). Der fünftägige Shutdown über Ostern ist vom Tisch. Die Idee dazu sei ein Fehler gewesen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch in Berlin. Am Vormittag hatte sie sich mit den Regierungschefinnen und -chefs per Videokonferenz zu einer Nachberatung der Beschlüsse aus der Nacht zu Dienstag getroffen. Zu viele Fragen hätten nicht gelöst werden können, sagte Merkel. Bei einem Statement und kurz darauf im Bundestag erneuerte sie zugleich aber ihren Appell, Kontakte stark zu reduzieren. Die dritte Corona-Infektionswelle müsse gebremst werden, sagte sie.
Laut Beschluss von Montagnacht sollten Gründonnerstag (1. April) und Karsamstag (3. April) einmalig zu Ruhetagen werden, um das gesellschaftliche Leben bis Ostermontag für fünf Tage komplett herunterzufahren. Der Beschluss hatte insgesamt viele Fragen aufgeworfen, die etwa das Arbeitsrecht, Lieferketten und die Postzustellung betrafen. Die Idee sei "mit bester Absicht entworfen worden", sagte Merkel. Sie sei aber in der Kürze der Zeit nicht gut umsetzbar gewesen. "Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler", sagte Merkel und bat um Verzeihung für entstandene Verunsicherung.
Für ihre Entschuldigung erntete Merkel parteiübergreifend Respekt. Einige Ministerpräsidenten übten ebenfalls Selbstkritik. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte im Landtag in Düsseldorf, alle Ministerpräsidenten hätten dem Beschluss zugestimmt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte im Parlament in Dresden, als Beteiligter an der Bund-Länder-Runde trage auch er persönliche Verantwortung.
"Jenseits aller politischen Auseinandersetzungen: Mein hoher Respekt für Bundeskanzlerin Angela Merkel", erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Damit spielte er auf die Kritik der Kirchen an einem Teil des Beschlusses zu Ostern an, nach dem Gottesdienste möglichst nur virtuell stattfinden sollen.
Ob diese Bitte an die Kirchen mit der Rücknahme nun automatisch mit entfällt, wurde am Mittwoch von der Bundesregierung nicht klar beantwortet. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte, man wolle eine einvernehmliche Lösung finden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich bereits vorher von dem Beschluss distanziert und auf die Hygienekonzepte in den Kirchen verwiesen, die gut funktionieren würden. Gespräche zwischen Kirchen und seinem Ministerium dazu fanden bereits am Dienstag statt, wie ein Sprecher sagte. In den Bundesländern stehen sie teilweise noch aus.
Insgesamt bleibt es vonseiten der Bundesregierung beim Appell, Kontakte zu reduzieren. Es gelte, die dritte Corona-Infektionswelle aufzuhalten, sagte Merkel, die sich am Mittwoch auch der turnusgemäßen Befragung im Bundestag stellte. Der Beschluss von Bund und Ländern biete dazu weiterhin einen Rahmen. Er sieht eine Verlängerung des Lockdowns bis 18. April, eine Verschärfung in Regionen mit vielen Neuinfektionen beispielsweise durch Ausgangsbeschränkungen und eine Ausweitung der Tests vor.
Im Bundestag hinterfragten Abgeordnete von FDP und Grünen, dass die wesentlichen Entscheidungen in der Pandemie in der Ministerpräsidentenkonferenz getroffen werden. "Warum trauen Sie dem Parlament nicht zu, eine solche Entscheidung zu treffen?", fragte etwa die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann.
Merkel sagte, es sei mit den Ländern verabredet, über eine Verbesserung der Arbeitsweise zu reden. Grundsätzlich hielt sie an der Entscheidungsfindung mit den Länderchefs aber fest und begründete das mit deren Zuständigkeit für die konkreten Verordnungen.
In Bayern machte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Reformvorschlag nach der Nachtsitzung am Montag. Er sei dafür zu haben, diese Sitzungen früher und nicht erst immer am Nachmittag zu beginnen, sagte er im Landtag. Entscheidungen wären "besser kommunizierbar als nachts um drei, und Rückfragen bei Experten in den Ministerien seien einfacher.
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