Köln (epd). Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert vom Erzbistum Köln weiteres Engagement bei der Aufklärung von Fällen sexualisierter Gewalt. "Die ersten Suspendierungen sind sicher ein wichtiger Schritt, aber jetzt muss für jedermann in Köln und außerhalb erkennbar werden, dass unberechtigter Institutionenschutz der Vergangenheit angehört", sagte Rörig der "Kölnischen Rundschau" (Samstag). Bei der jetzt anstehenden unabhängigen Aufarbeitung sei "absolute Transparenz" nötig. "Dazu gehört, dass mit Respekt und Demut mit den Betroffenen umgegangen wird", sagte Rörig
Die Kölner Anwaltskanzlei Gercke Wollschläger habe die Grenzen einer juristischen Aufarbeitung gut dargestellt, sagte der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Es müsse aber auch aufgeklärt werden, "was nicht in den Akten steht". Rörig forderte: "Die Betroffenen gehören in den Blick genommen, ihr körperliches und seelisches Leid, der rigorose und oft herzlose Umgang kirchlicher Autoritäten mit den kindlichen Opfern."
Insgesamt sehe er die katholische Kirche in einer "Vorreiterrolle", sagte der Missbrauchsbeauftragte. Es sei "wichtig, dass andere Institutionen es ihr gleichtun". Die evangelische Kirche und die katholischen Orden seien hier auf einem guten Weg.
Die Kölner Strafrechtsanwälte Björn Gercke und Kerstin Stirner hatten am Donnerstag ihr Rechtsgutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der Bistumsspitze zwischen 1975 und 2018 vorgestellt. Es belastet mehrere Bischöfe schwer. Pflichtverstöße fanden die Gutachter bei den ehemaligen Kölner Erzbischöfen Kardinal Joseph Höffner und Kardinal Joachim Meisner. Der heutige Erzbischof Rainer Maria Woelki soll laut Gutachten keine Verstöße begangen haben.
Das Gutachten führte zu personellen Konsequenzen: Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der früher die Hauptabteilung Seelsorge/Personal in Köln geleitet hatte, bot Papst Franziskus seinen Rücktritt an. Die Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp wurden vorläufig freigestellt. Zudem entband Kardinal Woelki den Kölner Offizial Günter Assenmacher vorläufig von seinen Aufgaben.