Berlin (epd). Die Deutsche Orchestervereinigung kritisiert die fortdauernde Schließung von Theatern, Konzert- und Opernhäusern wegen der Corona-Pandemie. In keinem Bundesland werde die vom Infektionsschutzgesetz zwingend vorgeschriebene Abwägung des Grundrechts auf Kunstfreiheit vorgenommen, sagte Geschäftsführer Gerald Mertens am Freitag in Berlin. Stattdessen seien unverändert flächendeckende Schließungen von Theatern, Konzert- und Opernhäusern völlig pauschal angeordnet.
Es sei ein "Skandal", die für den Kulturbereich vorgesehenen gesetzlichen Leitplanken republikweit nicht umzusetzen. "Bei so viel kollektiver politischer Ignoranz wird der Frust vieler Kulturschaffender weiter steigen", sagte Mertens: "Wir fordern die sofortige Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Grundrechtsabwägung, in allen Bundesländern und sofort."
Der Bundestag habe im November 2020 eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes verabschiedet, in die auf Druck des Deutschen Kulturrats und der Orchestervereinigung erstmals eine eigenständige Regelung für den Kulturbereich aufgenommen worden sei, betonte Mertens. In der Gesetzesbegründung werde explizit darauf verwiesen, dass bei Untersagungen oder Beschränkungen im Kulturbereich der Bedeutung der Kunstfreiheit ausreichend Rechnung getragen werden müsse.
Dies geschehe jedoch nicht, kritisierte die Orchestervereinigung. In der Praxis bedeute dies, dass der Kultur der verfassungsrechtlich garantierte Schutz nicht gewährt werde, obwohl der Bundesgesetzgeber diesen Schutz in die Novelle des Infektionsschutzgesetzes bewusst aufgenommen habe.