Erfurt (epd). Die Zahl der bekanntgewordenen Fälle sexualisierter Gewalt auf dem Gebiet des heutigen Bistums Erfurt hat sich seit 2018 fast verdoppelt. Nach der Veröffentlichung der sogenannten Mög-Studie hätten sich weitere Betroffene gemeldet, sagte Bischof Ulrich Neymeyr am Donnerstag in Erfurt. Die Zahl potenzieller Missbrauchsopfer sei damit von 30 auf 54 gestiegen. Auch die Zahl der Beschuldigten habe sich erhöht. Sie liege jetzt bei 41. Bei 20 von ihnen handele es sich um lebende oder bereits verstorbene Priester. Bisher habe das Bistum 106.000 Euro an Anerkennungsleistungen an die Opfer gezahlt, erklärte der Bischof.
Die meisten Vorfälle hätten sich in der Zeit der DDR bis in die 80er Jahre zugetragen. Der jüngste Fall ist laut Neymeyr 2014 publik geworden. Aktuell laufe ein staatliches Ermittlungsverfahren gegen einen bereits pensionierten Priester. In einem anderen Verfahren habe die Staatsanwaltschaft die Verjährung der Taten festgestellt. Dem Mann, auch er ein Kleriker im Ruhestand, sei im folgenden kirchlichen Verfahren verboten worden, öffentliche Gottesdienste zu feiern, sagte Generalvikar Raimund Beck.
Das Bistum kündigte die Bildung einer Kommission an, die Hinweisen auf weitere Missbrauchsfälle nachgehen soll. Zudem zähle es zu ihren Aufgaben, mögliche strukturelle Ursachen für sexualisierte Gewalt offenzulegen. Zudem werde sie sich mit dem Umgang bekanntgewordener Fälle durch das Bistum beschäftigen, kündigte der katholische Bischof an. Er hoffe, dass das fünfköpfige Gremium - dem auch ein Betroffener oder eine Betroffene angehören soll - noch vor der Sommerpause mit der Arbeit beginnt.