Die Landeskirche wolle wissen, was damals geschehen ist, weshalb das seinerzeit nicht öffentlich wurde, und daraus lernen für die Gegenwart, sagte der Direktor im Evangelischen Oberkirchenrat, Stefan Werner, am Mittwoch in Stuttgart. Die Landeskirche habe eine Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt bei der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm in Auftrag gegeben.
Der Missbrauch geschah an Jungen aus den Evangelischen Seminaren Maulbronn und Blaubeuren, aus dem Stuttgarter Hymnus-Chor und beim CVJM-Esslingen. Sie wurden Opfer eines mittlerweile verstorbenen Unternehmers, der damals ehrenamtlich und als Mäzen in der Jugendarbeit wirkte. Werner sagte, die Studie, die auf drei Jahre angelegt ist und rund 300.000 Euro kosten wird, solle Sensibilität für Strukturen wecken, in denen sich dieses strategische Vorgehen des Täters offenbar besonders gut umsetzen ließ.
Ursula Kress von der landeskirchlichen Ansprechstelle für sexualisierte Gewalt verwies darauf, dass seit 2015 die "Unabhängige Kommission" der Landeskirche rund 150 Betroffenen sexualisierter Gewalt finanzielle und sonstige Hilfe, etwa zur Finanzierung einer Therapie, in Höhe von insgesamt etwa 900.000 Euro zukommen ließ. Von ihnen erlebten 15 Gewalt durch Pfarrer oder Pfarrerinnen, die meisten aber in Heimen der Diakonie. Einer der Fälle veranlasste die Kommission zu weiteren Recherchen, die nun zu den etwa 30 Betroffenen aus dem Umfeld der Evangelischen Seminare führten.