Göttingen (epd). Papst Franziskus soll sich nach Ansicht von Menschenrechtlern bei seinem bevorstehenden Besuch im Irak für echte Glaubensfreiheit und für die christlichen und anderen Minderheiten in dem Land einsetzen. Vor allem Angehörige der Minderheiten hofften, dass der Papst die Zentralregierung in Bagdad und die Regionalregierung in Kurdistan für die Sorgen der christlichen, jesidischen, mandäischen und anderen Gemeinschaften sensibilisieren könne, sagte der Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido, am Mittwoch in Göttingen. Papst Franziskus besucht den Irak vom 5. bis 8. März.
"Religiöse Minderheiten leiden seit Jahren unter Angriffen radikalislamistischer Gruppen sunnitischer oder schiitischer Prägung", sagte Sido. "Sie hoffen daher auf ein Signal, dass ihnen ein Gefühl der Sicherheit in ihrer historischen Heimat gibt."
Nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker garantiert die irakische Verfassung vom Oktober 2005 zwar grundsätzlich Glaubensfreiheit. Gleichzeitig werde der Islam zur Staatsreligion erklärt. Auch dürfe kein Gesetz verabschiedet werden, das gegen die Vorschriften des Islam und seines Rechtssystems verstoße.
"Diese Diskrepanz ist ein nahezu unlösbares rechtliches Problem, mit dem christliche, aber auch andere nicht-muslimische Gruppen sowie Frauen im Irak zu kämpfen haben", betonte Sido. "Das Scharia-Recht ist ein zentraler Bezugspunkt bei der Verabschiedung von Gesetzen geblieben, die nicht nur für Muslime, sondern für alle gelten." Konservative Richter und Parlamentsmehrheiten schiitischer und sunnitischer Parteien täten ihr Übriges, die Freiheiten religiöser Minderheiten einzuschränken.
Der Menschenrechtsorganisation zufolge sinkt die Anzahl an Christen im Irak weiter. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung sei von mehr als drei Prozent im Jahr 2003 auf weniger als ein Prozent gesunken. Von ursprünglich 500 Kirchen seien noch 57 geöffnet, doch auch dort blieben sonntags meist die Bänke leer. Nur im kurdischen Teil des Landes gebe es noch mehr christliches Leben.