Berlin (epd). Der FDP-Politiker Otto Fricke hat den überparteilichen Gesetzesvorschlag für eine Regelung der Hilfe bei der Selbsttötung verteidigt. Nach allem, was er aus den Niederlanden wisse, sei es so, dass die Möglichkeit zur Suizidassistenz Menschen die Angst nehme, zu lange leiden zu müssen, sagte Fricke in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wenn ich gesellschaftlich bewusst mache, dass es den Weg der Suizidassistenz gibt, sage ich Leidenden: Ihr habt nicht nur den Weg der Illegalität", sagte er. Auf dem legalen Weg könne man sich jederzeit umentscheiden. "Es ist also sogar eine Chance, Leben zu schützen", sagte er.
Der Haushaltspolitiker Fricke gehört zu den Erstunterzeichnern eines Vorschlags von Bundestagsabgeordneten von FDP, SPD und der Linken für eine Neuregelung der Suizidassistenz, die jemand leistet, wenn er einem Sterbewilligen ein tödliches Medikament überlässt - allerdings nicht verabreicht. Der Vorschlag sieht vor, Ärzten die Verschreibung solcher Mittel ausdrücklich auch für den Zweck der Selbsttötung zu erlauben. Eine verpflichtende Beratung soll sicherstellen, dass der Sterbewunsch der freie Wille des Betroffenen ist.
Die Diskussion um eine Neuregelung wurde mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgelöst. Die Karlsruher Richter erklärten das 2015 verabschiedete Verbot der organisierten - sogenannten geschäftsmäßigen - Hilfe zur Selbsttötung für nichtig.
Fricke sagte, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gebe es die Notwendigkeit, etwas zu tun. "Wir haben jetzt eine Nichtregulierung, die dazu führt, dass alle in Unsicherheit gelassen werden: diejenigen, die leiden, und diejenigen, die beraten und helfen."
"Wir haben heute in weitem Maß Möglichkeiten zur Verlängerung des ursprünglich gottgegebenen Lebens", sagte der Jurist Fricke. Pure Lebensverlängerung sei aber kein Lebensschutz, "jedenfalls solche nicht, die man nur ausübt, weil man es kann". Nach seiner Wahrnehmung habe auch die Ärzteschaft den Widerspruch erkannt, "der entsteht, wenn medizinischer Fortschritt immer längeres Leben, damit aber auch immer längeres Sterben ermöglicht".
Fricke ist evangelischer Christ. Zur Ablehnung der Suizidassistenz bei vielen Theologen sagte er: "Man darf die Nächstenliebe nicht zu einer aufgedrängten Nächstenhilfe machen." Der Warnung der Kirchen, mit der Möglichkeit der Suizidassistenz den Druck auf Alte und Schwache zu erhöhen, entgegnete der FDP-Abgeordnete: "Diese Annahme basiert auf einem sehr schlechten Menschenbild." Sie gehe davon aus, dass die Gesellschaft mehrheitlich einen solchen Druck laufen lassen würde statt sich ihm zu widersetzen. "Vielleicht habe ich da ein bisschen mehr Gottvertrauen in meine Mitbürger", sagte Fricke.