Dresden (epd). Dresden hat am Samstag überwiegend virtuell an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg und an die Millionen Opfer der NS-Zeit erinnert. Coronabedingt fand auch die traditionelle Menschenkette um die Altstadt als wichtigster Baustein des alljährlichen Gedenkens nur digital statt. Unter dem Glockengeläut der Kirchen wurden am Abend Fotos von mehr als 1.200 Einheimischen und Menschen aus dem Ausland auf markante Gebäude wie die Frauenkirche, die Synagoge und die Staatskanzlei projiziert. Die Fotos konnten zuvor eingeschickt werden.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hob bei einer Gedenkfeier im kleinen Rahmen auf dem Altmarkt den Dresdner Gedenktag als einen Beitrag für Demokratie und Frieden hervor. Die Stadtgesellschaft habe einen Weg gefunden, mit der Geschichte umzugehen, sagte Kretschmer. Die Menschenkette bezeichnete er als ein klares Zeichen für Weltoffenheit und gegen Antisemitismus und Rassismus.
"Diese virtuelle, aber zugleich reale Menschenkette ist eine Form des Erinnerns und des Einstehens für Menschlichkeit heute", sagte auch der Dresdener Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Vergangenes Jahr hatten sich rund 11.000 Einheimische und Gäste an der Menschenkette beteiligt. Hilbert rief dazu auf, denen entgegenzutreten, die Fakten verändern wollen. "Lassen wir der Umdeutung keinen Raum", sagte er.
In einem Online-Friedensgebet rief Frauenkirchenpfarrerin Angelika Behnke zu Respekt und Toleranz auf. Die Dresdner Frauenkirche sei als Zeichen für Menschlichkeit und Glaubensstärke wiedererrichtet worden, sagte die evangelische Theologin. Der im Zweiten Weltkrieg zerstörte und 2005 wieder eingeweihte Barockbau sei ein Hoffnungszeichen und verbinde Menschen in der Stadt und weltweit.
Der Zeitzeuge Günther Ulbricht rief in dem Online-Gebet zu Zivilcourage auf. Die junge Generation nehme den Zustand des Friedens als Selbstverständlichkeit. "Das ist ein Irrtum", sagte Ulbricht, der als Neunjähriger die Luftangriffe auf Dresden miterlebt hat. Frieden sei kein Geschenk, sondern eine Lebensaufgabe.
Wegen der Corona-Pandemie hatte die Stadtverwaltung die Dresdnerinnen und Dresdner gebeten, in diesem Jahr zu Hause zu bleiben und das ohnehin reduzierte Programm am Bildschirm oder im Internet zu verfolgen. Gestartet war der Gedenktag am Vormittag mit kleineren Veranstaltungen auf Friedhöfen, wo Opfer der alliierten Luftangriffe auf Dresden begraben sind. Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge wurden bei den Angriffen zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 rund 25.000 Menschen getötet.
Wie in den Jahren zuvor, missbrauchten wieder Rechtsextreme den Gedenktag für ihre Zwecke und hielten in der Nähe des Hauptbahnhofs eine Kundgebung ab. Die Bundespolizei zählte etwa 500 rechte Demonstranten. Ihnen standen einige hundert Gegendemonstranten gegenüber. Zu den Protesten hatten das Bündnis "Dresden Nazifrei" und weitere Initiativen aufgerufen. Am späten Abend hielt noch die AfD auf dem Altmarkt eine Kundgebung ab, gegen die ebenfalls protestiert wurde.
Der Dresdner Polizeipräsident bilanzierte, Dresden habe seit vielen Jahren den "ruhigsten 13. Februar erlebt". Es habe bei den Versammlungen keine Straftaten gegeben und nur vereinzelte Verstöße gegen die Corona-Regeln. Die Bundespolizei sprach von 50 Identitätsfeststellungen und 194 Platzverweisen in ihrem Zuständigkeitsbereich.