Frankfurt a.M., Rangun (epd). In Myanmar halten die Massenproteste gegen den Militärputsch trotz Versammlungsverbots und zunehmender staatlicher Gewalt an: Vor allem in den Städten Rangun, Mandalay und Naypyidaw strömten die Menschen am Dienstag den vierten Tag in Folge auf die Straßen. In der Hauptstadt Naypyidaw setzte die Polizei Wasserwerfer ein, zudem feuerte sie Schüsse ab, wie das Magazin "Irrawaddy" berichtete. Demnach gab es mehrere Verletzte.
Laut dem Nachrichtenmagazin "Frontier Myanmar" wurde eine junge Frau durch einen Kopfschuss lebensgefährlich verletzt. Dabei handelte es sich offenbar um scharfe Munition. Zuvor war vom Einsatz von Gummigeschossen die Rede. Wie "Frontier Myanmar" weiter berichtete, gingen Beamte in der zweitgrößten Stadt Mandalay ebenfalls mit Wasserwerfern gegen die Protestierenden vor, auch Tränengas wurde eingesetzt. Mehr als 200 Menschen wurden laut Augenzeugen inhaftiert.
Menschenrechtler sind besorgt, dass die Junta diesen Volksaufstand ebenso blutig niederschlagen könnte wie die damaligen Militärs die Massenkundgebungen 1988 und 2007. Auf Initiative Großbritanniens und der EU soll am Freitag eine Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates stattfinden.
Am Montagabend hatte Juntachef Min Aung Hlaing im Staatsfernsehen Neuwahlen nach Ende des Ausnahmezustandes versprochen. Dieser war zunächst für ein Jahr ausgerufen worden. Nur Stunden zuvor hatte das Militärregime öffentlich mit Maßnahmen gegen die Demonstrierenden gedroht. Auch erließ die Armee ein Verbot von Versammlungen mit mehr als fünf Personen und eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 20.00 Uhr und 4.00 Uhr unter anderem für die beiden größten Städte Rangun und Mandalay.
In einem offenen Brief forderten 77 Bürgerrechtsorganisationen die Mitgliedsstaaten des UN-Menschenrechtsrates auf, umgehend für den Schutz der Demonstrierenden zu sorgen. "Wir sind zutiefst besorgt darüber, dass das Militär plant, mit Gewalt, rechtswidrigen Verhaftungen und Einschüchterungen zurückzuschlagen", heißt es in dem von der Menschenrechtsorganisation "Progressive Voice" veröffentlichten Schreiben. Auch befürchte man, dass mit dem Militär verbündete Akteure Gewalt anzetteln könnten, um eine Niederschlagung zu rechtfertigen.
Am 1. Februar hatten die Militärs die bis dato regierende "Nationale Liga für Demokratie" (NLD) unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt. Als Grund nannten sie angeblichen Wahlbetrug bei den Parlamentswahlen im November. Die NLD hatte die Abstimmung klar gewonnen, die Partei der Militärs war unterlegen. Kurz nach dem Staatsstreich wurden Suu Kyi und Präsident Win Myint unter Hausarrest gestellt. Zahlreiche ranghohe NLD-Mitglieder und Aktivisten wurden verhaftet.