Kölner Diözesanrat geht auf Distanz zu Kardinal Woelki

Kölner Diözesanrat geht auf Distanz zu Kardinal Woelki
Stopp der Reform-Mitarbeit und Ruf nach persönlichen Konsequenzen
Der Kölner Diözesanrat hat genug vom Umgang des Erzbistums mit dem Missbrauchsskandal: Die Mitarbeit im Reformprozess wurde vorerst auf Eis gelegt. Kardinal Woelki habe als moralische Instanz versagt und müsse persönliche Konsequenzen ziehen.

Köln (epd). Wegen der schleppenden Aufklärung des Missbrauchsskandal im Erzbistum Köln haben die Laien ihre Mitwirkung am katholischen Reformprozess "Pastoraler Zukunftsweg" vorerst aufgekündigt. "Wir befinden uns in der größten Kirchenkrise, die wir alle je erlebt haben", sagte der Vorsitzende des Diözesanrates der Katholiken im Erzbistum, der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD), am Freitag. "Verantwortliche müssen endlich auch Verantwortung übernehmen."

Das Erzbistum ging in seiner Reaktion mit keinem Wort auf Forderungen nach Übernahme persönlicher Verantwortung der Bistumsleitung ein, sondern erklärte lediglich, die Stellungnahme des Diözesanrats zeige, "dass die Entscheidung zur Entschleunigung des Pastoralen Zukunftsweges richtig war".

Erzbischof Rainer Maria Woelki habe "als moralische Instanz versagt und zeigt bis heute keine Haltung", kritisierte der Diözesanrat. Die Delegierten beschlossen in ihrer Vollversammlung am Donnerstag zwei Anträge: Der eine beinhaltet die vorübergehende Aussetzung der Mitarbeit am Pastoralen Zukunftsweg, der andere Antrag fordert Woelki, die Bistumsleitung sowie frühere Verantwortliche dazu auf, ihr Gewissen zu prüfen und Verantwortung zu übernehmen: Statt "juristischer Winkelzüge" sei die "volle Transparenz und Offenlegung aller Sachverhalte" nötig.

Woelki wird Vertuschung vorgeworfen, weil er 2015 nach der Prüfung von Personalakten einen mutmaßlichen Missbrauchsfall nicht an den Apostolischen Stuhl in Rom gemeldet hat. Woelki selbst bat Papst Franziskus um Prüfung, ob er damit eine Pflichtverletzung begangen hat.

Im vergangenen Jahr stoppte das Erzbistum zudem die geplante Veröffentlichung eines Gutachtens der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zu den Missbrauchsfällen im Erzbistum wegen "methodischer Mängel" und beauftragte den Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke mit einer neuen Untersuchung. Zuletzt bot die Kanzlei an, ihr Gutachten auf ihrer eigenen Internetseite zu veröffentlichen. Vorwürfe, die Expertise habe methodische Fehler, wiesen die Juristen zurück.

Das Erzbistum blieb jedoch bei seinem Nein zu einer Veröffentlichung. Am 18. März werde das Gercke-Gutachten vorgestellt. Dann könnten nach den Betroffenen auch Journalisten und weitere Interessierte beide Gutachten miteinander vergleichen.

Durch die Verheimlichung des ersten Gutachtens gerieten "die Opferperspektive und die Ebene der moralischen Verantwortung führender Bistumsvertreter" in den Hintergrund, rügte der Diözesanrat: "Mitarbeitende des Erzbistums, die offen sprechen, werden durch das Androhen von arbeitsrechtlichen Konsequenzen eingeschüchtert; Phrasen werden mühlenartig wiederholt." Das "unerträgliche Verhalten" der Bistumsleitung führe dazu, "dass das Vertrauen der Menschen in die Kirche nachhaltig zerstört und nicht mehr reparabel ist".

Weihbischof Ansgar Puff erklärte am Freitag als Bischofsvikar des Diözesanrats für das Erzbistum, es brauche offenbar "mehr Zeit, um zuzuhören, um den Austausch mit Kirchgängern, Pfarrern, Pastoralen Diensten und Engagierten vor Ort zu vertiefen". Kardinal Woelki, die Weihbischöfe und Generalvikar Markus Hofmann führten viele Gespräche mit Pfarrern und Pastoralen Diensten, "um auch hier den Austausch zu intensivieren, die Möglichkeit zu geben, Frustrationen Ausdruck zu verleihen".

Zustimmung erhielt der Diözesanrat Köln vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und von der kirchlichen Reformbewegung "Wir sind Kirche". Der ZdK-Vorsitzende Thomas Sternberg nannte die Forderung des Diözesanrats nach Übernahme von persönlicher Verantwortung und Einstehen für persönliches Verschulden auch jenseits juristischer Klärung als "folgerichtig und absolut notwendig".