Merkel: Wir brauchen ein Gedenken an die Corona-Toten

Merkel: Wir brauchen ein Gedenken an die Corona-Toten
Zum vierten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie erklärt die Kanzlerin in der Bundespressekonferenz ihre Politik und ruft zum Durchhalten auf. Es geht darum, einer neuen Gefahr wirksam zu begegnen.

Berlin (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht sich für ein staatliches Gedenken an die Toten der Corona-Pandemie aus. Man habe es mit "erschreckend hohen Todeszahlen" zu tun, sagte sie am Donnerstag in Berlin. Dahinter stünden Menschen, die in Einsamkeit gestorben seien, und Familien, die um sie trauerten. "Das müssen wir uns auch immer wieder bewusstmachen." Sie wies darauf hin, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bereits ein zentrales Gedenken vorgeschlagen hat. Sie gehe davon aus, dass dies "auch in die Tat umgesetzt wird". Insgesamt sind in Deutschland bislang rund 50.000 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben.

Nach dem Bund-Länder-Beschluss über eine weitere Verlängerung und Verschärfung der Corona-Maßnahmen stellte sich die Kanzlerin in der Bundespressekonferenz erneut den Fragen der Hauptstadtjournalisten und erklärte die Entscheidungen. Man müsse die von der auch in Deutschland aufgetauchten Virus-Mutation ausgehende Gefahr sehr ernst nehmen. "Wir dürfen nicht warten, bis die Gefahr bei uns auch greifbarer wird, sich dann also in den täglichen Infektionszahlen niederschlägt."

Es wäre dann zu spät, "um eine dritte Welle der Pandemie und gegebenenfalls eine noch heftigere als jemals zuvor zu verhindern", sagte Merkel und betonte: "Wir können das noch verhindern." Gemeinsam mit den Regierungschefs der Bundesländer hatte sie am Dienstag eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 14. Februar und in einigen Bereichen auch eine Verschärfung der Maßnahmen beschlossen. Bisherige Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass das mutierte Virus um ein Vielfaches ansteckender sei. Bei den Maßnahmen gehe es deswegen um Vorsorge.

Merkel war bereits zum vierten Mal seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr zu Gast in der Bundespressekonferenz, dem Verein der Journalistinnen und Journalisten, die über Bundespolitik berichten. Vor der Corona-Krise nahm sie in der Regel nur einmal im Jahr die Einladung in den Saal mit der berühmten blauen Wand an. Sie sei gerne gekommen, denn es gebe ein sehr großes Bedürfnis zu wissen, was sie als Kanzlerin leite. Da sie derzeit nicht so viel umherfahren könne, sei es "eine Fügung, dass es die Bundespressekonferenz gibt", wo sie Fragen beantworten könne, die die Medien auch aus der Bevölkerung aufnähmen.

Sie erklärte erneut, warum ihr Ziel ist, die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche - die sogenannte Inzidenz - auf unter 50 zu bringen. Erst dann sei für die Gesundheitsämter die lückenlose Verfolgung von Kontakten möglich. Mit Blick auf die Forderung von Wissenschaftlern, die Inzidenz noch drastischer, nämlich auf unter zehn zu drücken, sagte Merkel, dafür müsste man noch mehrere Wochen länger Restriktionen verhängen. Die Politik müsse hier abwägen, sagte Merkel und erneuerte ihre Haltung: "Kontaktnachverfolgung ist für uns der Punkt."

Zugleich lehnte Merkel in der derzeitigen Situation Ausnahmen für Geimpfte von den Einschränkungen ab. "Wir wissen nicht, ob der Geimpfte nicht trotzdem andere anstecken kann." Solange diese Frage nicht beantwortet sei, "stellt sich die nach Privilegien überhaupt noch nicht", sagte sie. Als möglichen Zeitpunkt für Ausnahmen für Geimpfte nannte Merkel den Moment, ab dem jedem Bundesbürger eine Impfung zur Verfügung steht.

Sie gehe davon aus, dass zum Ende des Sommers jedem ein Impfangebot gemacht werden könne und präzisierte: Das Ende des Sommers sei kalendarisch der 21. September. Die Regierungschefin verteidigte dabei auch, dass Deutschland seinen Impfstoff über die EU bezieht und nicht allein für sich verhandelt hat. Sie hätte es "sehr befremdlich" gefunden, wenn große Länder in der EU "sich gegenseitig ausgestochen hätten".

Als "Riesenaufgabe" bezeichnete sie die Versorgung der Menschen in armen Ländern mit Covid-19-Impfstoff. Sie habe Telefonate mit Kollegen geführt, die natürlich "große Sehnsucht" hätten, überhaupt einen Impfstoff zu sehen.

epd co/bm/mey jup