Berlin (epd). Deutschland hat im vergangenen Jahr viel weniger Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gewährt, als rechtlich möglich wäre. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.
Insgesamt haben 5.311 Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten ein Visum bekommen, um im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland zu kommen. Die Bundesregierung hatte sich im Herbst 2018 darauf geeinigt, dass monatlich bis zu 1.000 Personen nachkommen können, also 12.000 pro Jahr. Im vergangenen Jahr kamen also weniger als halb so viele Familienangehörige wie ursprünglich gedacht.
Die Innenexpertin der Linkspartei, Ulla Jelpke, erklärte, die niedrige Zahl beim Familiennnachzug sei nicht nur den Auswirkungen der Pandemie geschuldet. Dies zeigten die Zahlen zum ersten Quartal 2020, in dem nur 1.921 statt der 3.000 möglichen Visa erteilt wurden. Sie verwies darauf, dass viele Maßnahmen zur Einschränkung der Corona-Pandemie erst ab dem Ende des ersten Quartals beschlossen wurden.
Bereits das monatliche Tausenderkontingent war ein Kompromiss, der mit der Abschaffung des Rechtsanspruchs auf Familiennachzug einherging, wie Jelpke kritisierte. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte befürchtet, dass bis zu 300.000 Familienangehörige zu subsidiär Schutzberechtigten nachziehen könnten. "Diese Prognose hat sich nicht einmal ansatzweise bestätigt", so Jelpke. Seit August 2018 wurden insgesamt 19.056 Familiennachzugsvisa erteilt, für 11.400 Personen liegen noch entsprechende Terminanfragen vor.
Jelpke forderte, den Rechtsanspruch auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte uneingeschränkt wiederherzustellen. "Das Recht auf Familienleben ist ein Grundrecht, und für die Betroffenen ist es existenziell, ihre engsten Angehörigen nachholen zu können. Auch für die schnellere Integration der hier anerkannten Flüchtlinge ist das wichtig", erklärte die Linken-Politikerin.