Regensburg, Berlin (epd). Ein internes Schreiben des Bundesinnenministeriums hat die zivilen Seenotretter der Hilfsorganisation Sea-Eye auf den Plan gerufen. Das Schriftstück belege, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Anfang Mai überzeugen wollte, deutsche Seenotretter unter Druck zu setzten, teilte die Regensburger Organisation Sea-Eye am Donnerstag mit. Der Innenminister mache sich laut Sea-Eye darin die Argumentation der italienischen Behörden zu eigen.
In dem Brief bitte Seehofer den Bundesverkehrsminister darum, der italienischen Perspektive zu folgen, "um so schließlich die Seenotrettung unter deutscher Flagge zu erschweren", sagte Sea-Eye-Vorsitzender Gorden Isler. Sea-Eye rekonstruierte den zeitlichen Ablauf ihrer sechswöchigen Mission im April und brachte nun das Schreiben vom 7. Mai mit dem Einsatz ihres Schiffes "Alan Kurdi" in Verbindung. Der Name des Schiffes wurde in dem Schreiben zwar geschwärzt, es könne sich aber nur um dieses Schiff handeln, da es zu dieser Zeit im Mittelmeer im Einsatz war.
Seehofer argumentiere, dass er um die internationalen Beziehungen zu Italien besorgt sei. "Es besteht nach meiner Auffassung eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Anforderungen an die Ausrüstung von Frachtschiffen, welche im vorliegenden Falle an das Schiff angelegt werden, und den tatsächlichen Erfordernissen, welche in der selbsterklärten Mission des Schiffes liegen", schrieb der Innenminister in dem Brief, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Da das Schiff regelmäßig viele Menschen rette, müssten strengere Regeln gelten als für normale Frachtschiffe. So seien die Abwassertanks nur für die Besatzung ausgelegt, nicht aber für die hohe Zahl an Flüchtlingen an Bord.
Zurzeit liegt die "Alan Kurdi" in einem spanischen Hafen und wird überholt, um die behördlichen Auflagen zu erfüllen. Die zivilen Seenotretter sprechen von einer "gezielten Kampagne". Der Brief belege, "dass der Bundesinnenminister keine Anstrengungen unternimmt, um Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren", sagte Sea-Eye-Vorsitzender Isler. "Wer um die Sicherheit der Menschen besorgt ist, der schickt Schiffe und diskutiert nicht mit Seenotrettern über Sanitäranlagen."