Berlin (epd). Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Suizidassistenz nimmt die Diskussion über Konsequenzen im Bundestag und auch in der Ärzteschaft an Fahrt auf. Wenn das Bundesverfassungsgericht feststelle, dass der Staat keine Berechtigung habe, anderen Menschen die Hilfe zur Selbsttötung zu untersagen, "dann können wir das mittelbar in unserer Muster-Berufsordnung, die eine untergesetzliche Norm ist, eigentlich auch nicht", sagte Ärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt, dem ARD-Hauptstadtstudio. Denkbar sei, das in der Berufsordnung enthaltene Verbot ersatzlos zu streichen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar im Wesentlichen den Klagen von Sterbehilfeorganisationen, Ärzten und Einzelpersonen recht gegeben, die sich gegen das Verbot organisierter - sogenannter geschäftsmäßiger - Hilfe bei der Selbsttötung richteten. Die Karlsruher Richter erklärten das Gesetz für nichtig und begründeten dies mit dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben, das auch Dritten die Assistenz beim Suizid erlaube. Ärzten ist es bislang aber im Standesrecht verboten.
Das Urteil hat auch eine neue Diskussion im Bundestag angestoßen. Dem ARD-Bericht zufolge bereitet eine Abgeordnetengruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Karl Lauterbach (SPD) eine Anhörung für Januar vor. Beide stehen für eine liberale Regelung. Lauterbach war 2015 Mitinitiator eines Gesetzentwurfs, der Ärzten die Hilfe bei der Selbsttötung erlauben sollte.
"Wir dürfen uns als Gesetzgeber nicht mit unseren vielleicht bestehenden Moralvorstellungen über die Selbstbestimmung von Menschen setzen", sagte Helling-Plahr der ARD. Sie wolle aber absichern, "dass eine Person auch tatsächlich selbst handelt".
Man wolle sicherstellen, dass der Sterbewunsch reiflich überlegt sei, sagte Lauterbach. "Wir werden mit Fristen arbeiten, mit Beratungsgesprächen mit dem Vier-Augen-Prinzip. Es ist ganz klar, dass für solche Sterbehilfe-Aktivitäten nicht geworben werden darf, dass das nicht kommerziell angeboten werden darf", erklärte er.
Die Hilfe beim Suizid, bei der beispielsweise einem Sterbewilligen ein tödlich wirkendes Medikament überlassen wird, ist in Deutschland grundsätzlich nicht verboten. Sie ist aber zu unterscheiden von der Tötung auf Verlangen, bei der ein Mittel durch einen Dritten verabreicht wird. Sie ist verboten und wird derzeit auch nicht diskutiert.