Bis zum Ende des aktuellen Lockdowns am 10. Januar sollten die 465 Kirchengemeinden weder in Kirchen oder Gemeindehäusern noch unter freiem Himmel Gottesdienste mit Besuchern feiern oder andere Versammlungen abhalten, heißt es in einer am 15. Dezember verbreiteten "dringenden" Empfehlung der viertgrößten deutschen Landeskirche.
Zwar sei den Kirchen aufgrund der Religionsfreiheit in Deutschland das Feiern von Gottesdiensten nicht untersagt worden, erklärte das Landeskirchenamt. Die Landeskirche halte es aber "angesichts der gegenwärtigen und deutlich veränderten Lage - trotz der bisher bewährten Schutzkonzepte - für ein Gebot der Vernunft, auf Versammlungen von Menschen möglichst zu verzichten, um Menschen nicht zu gefährden". Darin erkenne die Kirche ihren "Auftrag, der Liebe Gottes zu den Menschen zu entsprechen". Die Entscheidungen anderer evangelischer Landeskirchen und katholischer Bistümer würden aber respektiert.
"Die Weihnachtsbotschaft wird uns erreichen"
Die hohen Infektionszahlen zeigten, dass die Pandemie derzeit "außer Kontrolle" sei, hieß es. Deshalb sei die Entscheidung zum Verzicht auf Präsenzgottesdienste an Weihnachten, wenn normalerweise so viele Menschen in die Kirche gehen wie an keinem anderen Sonn- oder Feiertag, schweren Herzens getroffen worden. Die westfälische Kirche verwies für Weihnachten auf Gottesdienste im Internet sowie im Fernsehen und im Radio. Vielerorts würden zudem Kirchen als Orte der Stille und des Gebets geöffnet.
Nach Einschätzung des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sind Präsenzgottesdienste keine Voraussetzung für die Verbreitung der christlichen Weihnachtsbotschaft. "Unser Glaube hängt nicht an der Form, in der wir die Weihnachtsbotschaft in unsere Herzen aufnehmen. Diese Botschaft wird uns erreichen", sagte der bayerische Landesbischof in einem bei Facebook veröffentlichten Video zu der Diskussion, ob Gottesdienste angesichts der strengen Konktaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie möglich sind. "Und Hoffnung haben wir nicht, weil wir Weihnachten retten müssen", sagte Bedford-Strohm, "sondern weil Weihnachten uns schon gerettet hat."
Kürzer und im Freien
Auch in Bayern wurden wegen der verschärften Anti-Corona-Maßnahmen etliche Kirchengemeinden größere Gottesdienste an Weihnachten abgesagt. Endgültig vom Tisch ist die ökumenische Weihnachtsfeier auf dem Parkplatz vor der Würzburger Residenz. Die Münchner Citykirche St. Lukas hat sämtliche Präsenzgottesdienste bis einschließlich 10. Januar abgesagt.
In Baden-Württemberg sollen an Weihnachten weiterhin Präsenzgottesdienste stattfinden. Das sagten die evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg und die Diözesen in Freiburg und Rottenburg-Stuttgart. In der badischen Landeskirche soll ab einer Inzidenz von 200 Fällen je 100.000 Einwohner gezielt zu digitalen Gottesdienstformaten oder Hausandachten eingeladen werden. Ab einer Inzidenz von 300 oder mehr Fällen dürften keine Präsenzgottesdienste stattfinden, auch nicht im Freien, hieß es aus Karlsruhe. Die Entscheidung, welche Gottesdienstformate konkret angeboten werden, liege bei den Kirchengemeinden.
"Spirituelle Begleitung nicht vorenthalten"
In der württembergischen Landeskirche lautet das Motto für Weihnachtsgottesdienste "Kürzer, häufiger im Freien, weniger Besucher". Diese könnten unter strengen Hygienemaßgaben weiter gefeiert werden. Dies gelte allerdings nur, wenn der Wert der Sieben-Tage-Inzidenz unter 300 pro 100.000 Einwohnern liegt.
Das Bundesinnenministerium und die Kirchen hatten sich zuvor über Regeln für die Gottesdienste an Heiligabend und zu Weihnachten unter den Bedingungen der Corona-Pandemie verständigt. Demnach können Gottesdienste weiter stattfinden. "Wir waren uns einig, dass den Menschen am Ende dieses belastenden Jahres Trost und spirituelle Begleitung nicht vorenthalten werden dürfen", sagte der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, Martin Dutzmann, nach einem Gespräch mit Vertretern des Ministeriums dem Evangelischen Pressedienst.
Bund und Länder hatten bei ihren Beratungen am Sonntag bereits konkrete Voraussetzungen für Weihnachtsgottesdienste festgelegt. Sie gaben vor, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden muss, Masken auch am Platz getragen werden müssen, kein Gemeindegesang stattfinden darf und bei erwartet hoher Teilnehmerzahl eine Anmeldepflicht eingeführt wird.