Impfstoff-Zulassung noch vor Weihnachten möglich

Impfstoff-Zulassung noch vor Weihnachten möglich
RKI-Chef Wieler: Lage ernst wie noch nie
Noch vor Weihnachten könnte ein Impfstoff gegen das Corona-Virus zugelassen werden. Wenige Tage später wäre der Impfstart in Deutschland möglich. Zugleich warnt das RKI: Die Lage könnte sich zunächst noch verschärfen.

Berlin, Amsterdam (epd). Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) will möglichst noch vor Weihnachten grünes Licht für einen Corona-Impfstoff geben. Für die Entscheidung über das Mittel von Biontech und Pfizer sei eine Sitzung am 21. Dezember geplant, teilte die Amsterdamer EU-Agentur am Dienstag mit. Zugleich bekräftigte sie, dass die Prüfung erst abgeschlossen werde, wenn alle nötigen Daten vorlägen.

Ein Sprecher der Brüsseler EU-Kommission erklärte, dass die Kommission innerhalb von drei Tagen über die Empfehlung der EMA entscheiden wolle. Während die EMA die Anträge für die Impfstoffe prüft, erteilt die Kommission die Zulassung. Nach einer möglichen positiven Empfehlung der EMA gilt die Zulassung als höchstwahrscheinlich. Somit könnte das komplette Verfahren noch vor Weihnachten abgeschlossen sein.

Eine Zulassung zu Weihnachten sei eine gute Nachricht, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Berlin. Zwei bis vier Tage später könnten die Impfungen in Deutschland beginnen. Spahn verteidigte das europäische Zulassungsverfahren. Man handele in der EU gemeinsam, um gemeinsam mit dem Impfen beginnen zu können.

Forderungen nach einer Notzulassung von Impfstoffen wie in Großbritannien und den USA wies Spahn zurück. Die Menschen müssten dem Zulassungsverfahren trauen können. Zuletzt hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Notzulassung gefordert. Demgegenüber erklärte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, dafür sei es zu spät. Sie dauere jetzt länger, als das laufende Verfahren abzuwarten.

Zugleich dämpfte Spahn zusammen mit dem Präsidenten des Robert-Koch Instituts (RKI), Lothar Wieler, Hoffnungen auf Normalität. Angesichts der hohen Infektionszahlen sei der erneute Shutdown geboten, sagte Spahn. Der Minister und der RKI-Chef appellierten an die Bürger, ihre Kontakte zu Weihnachten so stark wie möglich zu beschränken. Die Infektionszahlen seien viel zu hoch, vor allem die Zahl der Toten unter alten Menschen, sagte Spahn.

Nach Einschätzung Wielers wird sich die Corona-Lage trotz des Lockdowns zunächst verschärfen. "Wir haben aktuell einen Höchststand an Infizierten, und da schwere Verläufe und Todesfälle immer erst mit einem gewissen Zeitverzug eintreten, müssen wir uns darauf einstellen, dass sich die Situation über Weihnachten noch zuspitzen wird." Wieler forderte dazu auf, Begegnungen auf das Nötigste zu beschränken - er selbst werde weniger Kontakte haben als erlaubt.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten zuletzt 14.432 neue Corona-Infektionen innerhalb von 24 Stunden. Die Gesamtzahl seit Beginn der Pandemie stieg damit in Deutschland auf mehr als 1,35 Millionen. Es starben 500 weitere Menschen an oder mit dem Virus. Die Zahl der Todesfälle insgesamt erhöhte sich auf 22.475.

Im Dezember seien durchweg mehr Infektionen gemeldet worden als im November, sagte Wieler: "Die Lage ist so ernst, wie sie noch nie war in dieser Pandemie." Aktuell seien mehr als 325.000 Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert. In den Sommermonaten seien es wenige Tausend gewesen. Wieler sagte, der Schutz alter Menschen hänge maßgeblich davon ab, dass die Infektionszahlen insgesamt sinken.

Unterdessen verlangte die FDP ein Gesetz über die Reihenfolge der Impfungen. Sie will einen eigenen Entwurf in den Bundestag einbringen. Zwar unterstütze seine Fraktion die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko), sagte Fraktionsvize Stephan Thomae. Eine Verordnung der Regierung reiche aber nicht aus, wenn es um Leben und Tod gehe.

Dagegen erklärte die CDU-Gesundheitspolitikerin Karin Maag, Gesetzesgrundlage sei das schon vom Parlament verabschiedete dritte Bevölkerungsschutzgesetz. Darin sei aufgeführt, wie begrenzt vorhandene Impfstoffe verteilt werden sollen. Am Mittwoch will der Bundestag über die Umsetzung der Nationalen Impfstrategie debattieren. Die Stiko-Empfehlungen sollen RKI-Chef Wieler zufolge ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht werden.

epd bm/mey/mih/kfr/ps cez