kritisch. Am Wochenende erreichte der erste internationale Hilfskonvoi
die nordäthiopische Region. Auch eine Übergangsverwaltung nimmt die
Arbeit auf.
Frankfurt a.M., Addis Abeba (epd). In der äthiopischen Konfliktregion Tigray nimmt eine von der Zentralregierung eingesetzte Übergangsverwaltung ihre Arbeit auf. Die Kabinettsmitglieder der Übergangsregierung sollten am Sonntag ihre Ämter antreten, die Beamten am Montag, berichtete die staatliche äthiopische Nachrichtenagentur ENA am Samstagabend. Seit Anfang November liefern sich die Zentralregierung in der Hauptstadt Addis Abeba und die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die die Region bisher kontrollierte, heftige Kämpfe um die Kontrolle von Tigray.
Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte Anfang Dezember den Sieg über die TPLF erklärt und den Wiederaufbau der Region angekündigt. Wie das Internationale Komitee vom Kreuz (IKRK) mitteilte, erreichte am Samstag erstmals seit mehr als einem Monat ein internationaler Konvoi mit humanitären Hilfsgütern die Regionalhauptstadt Mekele. Die sieben Rot-Kreuz-Lastwagen hätten dringend benötigtes medizinisches Material für mehr als 400 Schwerverwundete geliefert, erklärte das IKRK.
Den Vereinten Nationen zufolge ist die Lage in Tigray weiter kritisch. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, erklärte, das Wohl und das Überleben von Tausenden Flüchtlingen stehe auf dem Spiel. Grandi betonte laut einer Mitteilung vom Freitagabend, er sei zutiefst beunruhigt über die Situation von Schutzsuchenden aus Eritrea. Es gebe Berichte, wonach in Tigray Tausende Menschen getötet, entführt oder zur Rückkehr nach Eritrea gezwungen wurden.
Eritrea gilt als eine der härtesten Diktaturen der Welt. Rund 96.000 Menschen sind nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aus Eritrea in den vergangenen Jahren in die äthiopische Region Tigray geflohen. Ob die Tötung und Rückführung von Eritreern in Zusammenhang mit dem jüngsten Konflikt zwischen der äthiopischen Regierung und der Regionalregierung von Tigray steht, ist bislang unklar.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen forderte mehr Schutz für Geflüchtete aus Eritrea in Äthiopien. Die rund 100.000 Flüchtlinge seien aufgrund des bewaffneten Konflikts in Tigray in einer dramatischen Lage, sagte der Direktor der Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius, am Samstag in Göttingen. Es fehle an Hilfsgütern. Noch schlimmer sei die Sicherheitslage. Daher müsse das UN-Flüchtlingskommissariat die Verwaltung und Versorgung der drei großen Camps in Tigray übernehmen, um die Sicherheit der Geflüchteten zu garantieren, forderte Delius.
In den vergangenen Wochen hatten die UN und die äthiopische Regierung verschiedene Vereinbarungen getroffen, um die Lieferung von humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Anfang Dezember hatte es Berichte gegeben, wonach ein UN-Team beim Versuch, ein Flüchtlingslager in Tigray zu besuchen, beschossen wurde. Die äthiopische Regierung erklärte dazu am Samstag, die UN-Mitarbeiter hätten keine gültige Genehmigung für die Reise in die Region gehabt und seien von Sicherheitskräften gestoppt und an einen sicheren Ort gebracht worden.