Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Entwicklung in der Corona-Pandemie als "bitterernst" bezeichnet und weitere Anstrengungen zur Bewältigung angemahnt. Steinmeier sagte am Freitag zur Eröffnung eines als Videokonferenz geführten Gesprächs mit sieben Bürgerinnen und Bürgern in Berlin: "Die Lage ist bitterernst. Es ist offenkundig: Wir müssen unsere Anstrengungen deutlich verstärken."
Das gelte für die politischen Entscheidungen auf allen Ebenen, sagte Steinmeier mit Blick auf die für Sonntag geplanten Gespräche zwischen Bund und Ländern über Verschärfungen der Einschränkungen. Es gelte aber auch für das Handeln jedes Einzelnen: "Jeder und jede muss sich fragen: Was kann ich tun, damit sich das Virus nicht weiter verbreitet?", forderte der Bundespräsident.
Die Pandemie gewähre dem Land keine Verschnaufpause, sagte Steinmeier. Es gebe keinen stabilen Zustand. Die Zeit, wo man sich immer wieder an neue Maßnahmen gewöhnen müsse, sei noch nicht vorbei. Zu viele Menschen infizierten sich, rängen auf den Intensivstationen um ihr Leben, und zu viele Menschen stürben, sagte Steinmeier. Das Robert-Koch Institut hatte am Morgen fast 30.000 neue Infektionen mit dem Coronavirus und 598 Tote binnen 24 Stunden gemeldet.
In dem unter dem Titel "Bürgerlage" geführten Gespräch erkundigte sich Steinmeier nach der Lage der Menschen, die mit ihm virtuell an einem Tisch saßen, darunter eine Altenpflegerin, die Inhaberin eines Hotels, eine Schulleiterin sowie Ehrenamtliche, die sich bei einer Tafel für arme Familien und im Sportverein engagieren. Übereinstimmend schilderten die Beteiligten, die zweite Welle der Pandemie sei schwieriger zu bewältigen als die erste im Frühling. Gleichwohl plädierten sie mehrheitlich für einen erneuten harten Lockdown, um anschließend wieder mehr Normalität gewinnen zu können.
Als besonders belastend beschrieb die Schulleiterin die Dauer der Einschränkungen und die geringe Aussicht auf Normalität für die Kinder. Die Erschöpfung nehme zu, und es sei schwierig, das Hin und Her in der Politik auszuhalten. Die Hotelinhaberin begrüßte die Hilfen für Unternehmen, bemängelte aber, die Novemberhilfen seien noch nicht ausgezahlt, die für Dezember nicht einmal zu beantragen.
Steinmeier plant für die zweite Januarhälfte eine weitere "Bürgerlage" mit seinen Gesprächspartnerinnen und -partnern. Die Veranstaltungen sind im Livestream zu verfolgen, Zuschauer können online Fragen an die Runde stellen.