Frankfurt a.M. (epd). Der Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wird nicht wie zuletzt angestrebt im Dezember zu Ende gehen. Anlass dafür sind die Aussagen des Hauptangeklagten Stephan E. am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. "Wir bekommen hier immer wieder situativ angepasste Einlassungen zu hören", sagte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel an den Angeklagten gerichtet. Aufgrund der Aussagen E.s zu Details habe sich nun ein neuer Fragenkatalog ergeben, der abgearbeitet werden müsse. Das werde zusätzliche Zeit beanspruchen.
E. hat im Verlauf der Ermittlungen und des Prozesses mehrere Versionen des Tatgeschehens erzählt und drei unterschiedliche Geständnisse abgegeben. Am Donnerstag machte er erneut seinen früheren Anwalt Frank Hannig dafür verantwortlich, dass er zwischenzeitlich den Mitangeklagten Markus H. beschuldigt habe, den tödlichen Schuss auf Lübcke abgegeben zu haben.
Der Generalbundesanwalt wirft E. vor, den CDU-Politiker am 1. Juni 2019 um 23.20 Uhr auf dessen Hausterrasse in Wolfhagen-Istha bei Kassel in den Kopf geschossen zu haben. E. hat den Schuss gestanden. Der zweite Angeklagte, H., soll E. in seinem Entschluss bestärkt haben. H. schwieg in der Verhandlung bisher. Beide sollen aus rechtsradikaler, fremdenfeindlicher Gesinnung gehandelt haben. Lübcke hatte sich vor allem im Jahr 2015 für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt.