Berlin (epd). Die Nahost-Expertin Ulrike Becker hat wegen der anhaltenden Inhaftierung der Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi an die Bundesregierung appelliert, sich zu allen politischen Gefangenen mit deutschem Bezug im Iran zu äußern. "Die Bundesregierung muss die willkürlichen Geiselnahmen deutlich verurteilen", sagte die Leiterin "Forschung" des Mideast Freedom Forum Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es habe sich gezeigt, dass Entgegenkommen vonseiten Deutschlands als Schwäche interpretiert werde.
Das Mideast Freedom Forum Berlin engagiert sich für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit im Nahen Osten. Der gemeinnützige Verein wurde 2007 von Wissenschaftlern, Journalisten, Mitgliedern jüdischer Organisationen und Exil-Iranern gegründet. Eine mündliche Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour an die Bundesregierung im November ergab, dass drei weitere Bundesbürger aus politischen Gründen im Iran im Gefängnis sitzen. Die Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi, die seit dem 16. Oktober ohne konsularischen oder Rechtsbeistand im Teheraner Evin-Gefängnis festgehalten wird, gilt nach Angaben ihrer Familie für die iranischen Behörden als "Sicherheitsrisiko".
"Die Vorwürfe sind absurd", sagte Becker. Sehr viele Deutsch-Iraner pendelten zwischen ihrer Heimat und Deutschland. "Die Willkür, die da mit reinspielt, spricht für die kriminelle Energie des Regimes. Es schreckt nicht davor zurück, Menschen zu verschleppen, um politische Ziele durchzusetzen und Deutschland unter Druck zu setzen." Politische Gefangene seien bloße Spielbälle.
Der Iran wolle mit der Inhaftierung von deutschen Staatsbürgern Zugeständnisse erpressen und erhoffe sich Unterstützung von Deutschland. Über die Gründe könne man nur spekulieren, denkbar sei jedoch, dass der demnächst in Belgien beginnende Prozess gegen den ehemaligen iranischen Diplomaten Assadolah Assadi eine Schlüsselrolle spiele, sagte Becker. Belgien beschuldigt den vormals in Österreich akkreditierten Diplomaten, 2018 an der Planung eines Bombenattentats auf ein Treffen von mehr als 20.000 iranischen Oppositionellen in Paris beteiligt gewesen zu sein. Der Iran bestreitet eine staatliche Verantwortung.
Außenpolitisch isoliere sich die iranische Regierung zunehmend mit Verstößen gegen das Atomabkommen, sagte Becker. Zudem sei die Wirtschaft marode. Die Corona-Krise habe den Iran mit bisher über 40.000 Toten schwer getroffen. Die Repression gegen die iranische Bevölkerung nehme zu.