Frankfurt a.M., Addis Abeba (epd). In der aufständischen Region Tigray im Norden Äthiopiens steht nach Einschätzung der Regierung ein Ende der Kämpfe kurz bevor. Ministerpräsident Abiy Ahmed sagte laut einem Bericht des britischen Senders BBC vom Mittwoch, die Armee rücke auf die Regionalhauptstadt Mekelle vor und könnte in den kommenden Tagen für eine Entscheidung in dem Konflikt sorgen. Weil die Region weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten ist, gibt es keine unabhängigen Berichte über die Lage.
In den vergangenen Tagen hätten Truppen bereits unter anderem die Städte Raya und Shire sowie mehrere Gegenden in Tigray erobert, berichteten regierungsnahe Medien am Dienstag. Die Armee der äthiopischen Zentralregierung und die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die in der Region an der Macht ist, liefern sich seit Anfang November heftige Kämpfe um die Kontrolle von Tigray. Die Regierung hatte der TPLF ein Ultimatum gestellt, sich geschlagen zu geben. Es lief am Dienstag ab.
Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Krise in Tigray. Der UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock erklärte, die Kämpfe behinderten zunehmend die Arbeit von Helfern. Bereits vor Ausbruch des Konflikts hätten etwa eine Million Menschen in der Region humanitäre Hilfe gebraucht. Seit Dienstag vergangener Woche sind nach Schätzungen der UN mehr als 27.000 Menschen über die Grenze in den Sudan geflüchtet. Die rasch wachsende Zahl der Flüchtlinge überfordere die Behörden im Sudan zunehmend, erklärte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.
Hintergrund des militärischen Konflikts sind Machtkämpfe und Spannungen im Vielvölkerstaat Äthiopien, der rund 110 Millionen Einwohner hat. Ein Auslöser für die Eskalation des Konflikts war die Wahl zum Regionalparlament in Tigray. Ministerpräsident Abiy hatte alle Wahlen wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Regionalregierung hatte dennoch im September Wahlen abgehalten, die Abiy für ungültig erklärt hat. Seit Anfang November kommt es zu schweren Kämpfen. Die TPLF hatte lange Zeit eine starke Stellung in der Staats- und Armeeführung. Regierungschef Abiy, der seit 2018 im Amt ist, gehört zur Ethnie der Oromo.