Es bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Sterbewunsches und der Qualität der Palliativmedizin, teilten die evangelische und katholische Kirche in Württemberg in einer gemeinsamen Mitteilung am Donnerstag mit. Umso besser diese sei, umso geringer sei der Sterbewunsch. Organisierte Angebote der Sterbehilfe dürften sich nicht zur Norm entwickeln; auch dürfe es nicht zu einer "Ökonomisierung des Sterbens" kommen.
Nach dem Urteil müsse befürchtet werden, dass Menschen so einsam seien oder unter einem derart großen wirtschaftlichen Druck stünden, dass sie sich nicht für ein Weiterleben entscheiden könnten. "Diesem Denken stellen sich die evangelische und die katholische Kirche in Württemberg eindeutig entgegen", erklärte Oberkirchenrat Ulrich Heckel, Cheftheologe der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen Domkapitular Monsignore Detlef Stäps von der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Deshalb müsse man die die Fürsorge fördern, damit der Wunsch nach einem selbstbestimmten Ende des Lebens erst gar nicht entsteht.
Die katholische und die evangelische Kirche in Württemberg haben sich auf eine Orientierungshilfe zum Sterbehilfe-Urteil des Bundesverfassungsgerichts verständigt. Das gemeinsam erarbeitete Papier enthalte eine gemeinsame Stellungnahme beider Kirchen und gibt Seelsorgern Unterstützung, wie sie in ihrer täglichen Arbeit mit dem nun eingeräumten Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben umgehen können. Beide Kirchen würden zwar die Absicht des Urteils begrüßen, menschliche Freiheitspotentiale zu stärken, aber es müsse konkret festgelegt werden, wie man mit dieser Freiheit umgehe und wo ihre Grenzen seien.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar entschieden, dass das 2015 verabschiedete Verbot organisierter Hilfe beim Suizid nicht mit dem Recht auf Selbstbestimmung vereinbar ist. Sterbehilfevereine, die der Gesetzgeber damit bekämpfen wollte, können damit wieder tätig sein. Über eine mögliche neue gesetzliche Regelung wird bereits diskutiert. Konkrete Gesetzesvorschläge aus dem Bundestag liegen aber noch nicht vor.