Berlin (epd). Der mutmaßlich islamistisch motivierte Anschlag mit drei Toten in Nizza hat in Deutschland Bestürzung ausgelöst. Parteiübergreifend äußerten Politiker Entsetzen und erklärten ihre Anteilnahme. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach am Donnerstag von einem "Akt abscheulicher Gewalt". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte über ihren Sprecher Steffen Seibert: "Der französischen Nation gilt in diesen schweren Stunden Deutschlands Solidarität."
Auch in Brüssel sorgte die Tat für Aufsehen. "Ganz Europa ist mit Frankreich solidarisch", twitterte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Religionsgemeinschaften appellierten an Gläubige, sich für Frieden und Dialog sowie gegen den radikalen Missbrauch von Religion einzusetzen.
In Nizza hatte am Donnerstagvormittag ein Mann drei Menschen in und nahe der Basilika Notre-Dame mit einem Messer getötet. Unter den Opfern sei der Aufseher der Kirche, teilte Bürgermeister Christian Estrosi auf Twitter mit. Eine Frau ist französischen Medienberichten zufolge enthauptet worden. Der mutmaßliche Täter sei festgenommen worden. Estrosi sprach von einer "islamofaschistischen" Tat.
Steinmeier erklärte, die Grausamkeit der Tat sei schockierend. Der Gewalt und den islamistischen Motiven, die offenbar dahinter stehen, müsse jeder mit aller Entschiedenheit entgegentreten, sagte der Bundespräsident. "Zugleich dürfen wir uns die Logik des Hasses und der Spaltung nicht aufzwingen lassen, die jene antreibt, die solche Taten begehen und zu ihnen anstiften", betonte er.
Außenminister Heiko Maas (SPD) unterstrich, die grausamen Morde von Nizza seien Terror. "Radikaler Islamismus tötet und darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben", erklärte Maas bei Twitter. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) schrieb in einem Kondolenzbrief an den Präsidenten der französischen Nationalversammlung, Richard Ferrand: "Wir stehen in dieser schwierigen Lage, in der die Menschlichkeit und Toleranz und damit die Werte unserer freiheitlichen, offenen Gesellschaften angegriffen werden, fest an der Seite unserer französischen Freunde."
Mehrere Islamverbände in Deutschland verurteilten den Messerangriff. Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, erklärte in Köln: "Wer Mord und Terror über die Menschen bringt, der hat sich an der Menschheit vergangen, der hat sich an Gott vergangen - der hat Verrat an unser aller Zivilisation und den Werten jeder Religion begangen, der hat gegen Koran und den Propheten gehandelt."
Die beiden großen Kirchen in Deutschland brachten ihre Betroffenheit über die Bluttat in einer Kirche zum Ausdruck. "An einem Ort des Friedens und des Gebets sind unschuldige Menschen hinterrücks auf grausame Art verletzt und ermordet worden", erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, erneut werde bei den französischen Nachbarn offensichtlich Hass zwischen den Religionen geschürt.
Auch der Vatikan reagierte. "Terrorismus und Gewalt können nie akzeptiert werden", erklärte Vatikansprecher Matteo Bruni. Papst Franziskus bete für die Opfer, ihre Angehörigen und für ein Ende der Gewalt. Die Konferenz der Europäischen Rabbiner sagte, die "barbarischen" Akte zeigten, dass religiöse Führer und Politiker mehr tun müssten, um Zusammenhalt und das friedliche Zusammenleben zu stärken. Der politische Missbrauch der Religion sowie Radikalisierungen müssten verhindert werden.
Die Bluttat von Nizza war der zweite islamistische Anschlag in Frankreich innerhalb von rund zwei Wochen. Am 13. Oktober war der Lehrer Samuel Paty nahe seiner Schule in einem Pariser Vorort von einem 18-Jährigen enthauptet worden. Paty hatte in seinem Unterricht umstrittene Mohammed-Karikaturen verwendet. Die Stadt Nizza wurde 2016 Ort eines islamistischen Anschlags. Ein Attentäter hatte einen Lkw auf die Strandpromenade in Nizza gelenkt. 86 Menschen wurden dabei getötet.
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