Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat deutliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Landesregierung erlaubten Sonntagsöffnungen in der Adventszeit angemeldet. Auch und gerade in der Corona-Krise habe der Schutz des arbeitsfreien Sonntags "weiterhin besonderes Gewicht", erklärte der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts am Donnerstag in Münster. Die drei evangelischen Landeskirchen in NRW bedauerten die Regelung, äußerten aber auch Verständnis für das Anliegen der Landesregierung.
Die seit Donnerstag gültige Corona-Schutzverordnung des Landes erlaubt zur "Vermeidung von Infektionsgefahren durch einen unregulierbaren Kundenandrang an den Wochenenden vor und nach Weihnachten" die Ladenöffnung an den Adventssonntagen am 29. November, am 6., 13. und 20. Dezember sowie am 3. Januar 2021 zwischen 13 und 18 Uhr.
Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte am Mittwoch dazu erklärt, es gehe nicht um eine "Durchlöcherung" des Sonntagsschutzes, sondern um die Unterstützung von Geschäften, Branchen und dem Erhalt einer Infrastruktur in den Städten. Eine "Entzerrung" beim Einkaufen in der Pandemie" sei wichtig eine wichtige Sache".
Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts äußerte erhebliche Zweifel an der Gültigkeit dieser Bestimmung in der Corona-Schutzverordnung. "Mit ihrer Aufhebung nach nochmaliger rechtlicher Prüfung durch die Landesregierung oder Außervollzugsetzung in etwaigen gerichtlichen Verfahren ist daher ernsthaft zu rechnen", erklärten die Richter.
Sonntagsruhe als schützenswertes Kulturgut
Die evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen bedauerten die Lockerungen des Sonntagsschutzes, zeigten aber Verständnis für das Anliegen der Landesregierung. Als einmalige Empfehlung für die diesjährige Adventszeit sei die Regelung "nachvollziehbar", aber trotzdem "kein gutes Signal", erklärten die westfälische Präses Annette Kurschus, der rheinische Präses Manfred Rekowski und der lippische Landessuperintendent Dietmar Arends in Bielefeld, Düsseldorf und Detmold. Die Sonntagsruhe sei ein schützenswertes Kulturgut und erfülle gerade in der aktuellen Situation den wichtigen Zweck einer Unterbrechung des Alltags. Deshalb hätten auch zwei verkaufsoffene Adventssonntage gereicht.