Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat anlässlich des 30. Jahrestages der Wiedervereinigung zu mehr Wertschätzung zwischen Ost und West aufgerufen. Viele Ostdeutsche erwarteten zu Recht, dass ihre Lebensleistung vor und nach dem Mauerfall und nach der deutschen Einheit von den Westdeutschen stärker anerkannt werde, sagte Steinmeier am Montag im RBB-Radiosender "radioeins". "Ich weiß auch, dass viele Westdeutsche erwarten, dass ihr finanzieller Beitrag nach der Einheit in Ostdeutschland stärker anerkannt werden sollte", sagte der Bundespräsident: "Vielleicht müssen wir darüber noch mal intensiver reden."
Was viel wichtiger sei, dass heute von beiden Seiten, von Ost und West, der Ruf nach mehr Zusammenhalt, nach mehr Miteinander komme. "Dem sollte man mehr nachkommen gerade auch mit Blick auf jüngste Entwicklungen und Spaltungstendenzen, wie wir sie gerade in Deutschland erleben", sagte Steinmeier.
Der Bundespräsident sagte weiter, es gebe eben nicht die eine Geschichte zur deutschen Einheit sondern es gebe darauf ganz unterschiedliche Erzählungen und Perspektiven, von denen viele ihre Berechtigung hätten. "Es geht heute darum, diese Vielschichtigkeit anzuerkennen, weil daraus Vielfalt entsteht", sagte Steinmeier.
Die größeren Folgen der deutschen Einheit hätten sich in den fünf ostdeutschen Bundesländern gezeigt mit Massenabwanderung, Massenarbeitslosigkeit, einem völlig neuen Schul- und Sozialsystem. "Es gibt eigentlich keine einzige Familie im Osten, keine einzige Biografie, die davon unberührt geblieben ist", sagte der Bundespräsident. Das wisse man im Westen aber es sei "eine Kopfsache geblieben". "Selbst diejenigen, die sich darum bemühen, können nicht wirklich nachempfinden, was das für den Einzelnen bedeutet hat", sagte Steinmeier.
Nach 30 Jahren Wiedervereinigung verkenne er in Ostdeutschland nicht die Probleme in der Fläche, er sehe aber auch was sich entwickelt habe beispielsweise die Attraktivität der Städte, die mittlerweile auch viele Menschen aus dem Westen anziehen würden, sagte der Bundespräsident.