Mainz (epd). Nach dem Großbrand in dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist nach Informationen des Mainzer Arztes Gerhard Trabert die Versorgung der schätzungsweise mehr als 12.000 Menschen vor Ort zusammengebrochen. Hilfsorganisationen dürften das von Sicherheitskräften abgeriegelte Areal nicht mehr betreten. Tausende würden durch die Straßen des Lagers irren, es gebe zurzeit kein Essen und kein Wasser, sagte Trabert am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er forderte die Bundesregierung auf, sofort einen Teil des Camps zu evakuieren. Die Bundeswehr solle Flugzeuge nach Griechenland schicken.
"Ich bin fassungslos über Seehofers Blockadehaltung", sagte der Vorsitzende des Mainzer Vereins "Armut und Gesundheit in Deutschland", der zuletzt im August mit Hilfsmaterial in dem Lager war. Vor allem die Lage der vielen Verletzten und Behinderten in dem Lager sei katastrophal. Ein Syrer, den Trabert vor Ort kennengelernt habe und der wegen einer Schussverletzung hüftabwärts gelähmt sei und kein Gefühl mehr in den Beinen habe, sei in seiner primitiven Hütte von Ratten gebissen worden. Davon habe der Mann hohes Fieber bekommen. "Die fressen ihn auf, und es passiert nichts", sagte der Arzt.
Bereits nach Bekanntwerden erster Coronavirus-Fälle in dem Elendslager sei die Versorgung der Menschen noch einmal deutlich schlechter geworden, sagte Trabert. Vor den Essensausgabestellen hätten sich lange Schlangen gebildet, das Abhalten von Mindestabständen sei in Moria unmöglich. Ob die Feuer von fremdenfeindlichen Extremisten oder verzweifelten Bewohnern gelegt wurden, sei in der aktuellen Notsituation zweitrangig. Solche Spekulationen dürften nicht als Argument dafür dienen, die dringend nötige Hilfe zu verweigern.