Bonn (epd). Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche bemühen sich nun die deutschen Ordensgemeinschaften auch um Aufklärung. Wie eine am Mittwoch in Bonn veröffentlichte Umfrage unter den Mitgliedern der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) zeigt, haben sich 1.412 Betroffene bis 2019 bei den Ordensgemeinschaften gemeldet. 654 Ordensmitglieder seien beschuldigt worden. Knapp 80 Prozent aller Beschuldigten sei bereits verstorben. 95 Beschuldigte seien bis heute Mitglied einer der Ordensgemeinschaften. 37 seien nicht mehr in einer der Gemeinschaften.
Die Ergebnisse der Mitgliederbefragung bestätigten, dass der in den vergangenen Jahren offenbar gewordene Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche nicht nur die diözesan verfasste Kirche, sondern in erheblichem Ausmaß auch die Ordensgemeinschaften betreffe, teilte die DOK mit. Die DOK bekenne sich in diesem Zusammenhang erneut zu ihrer Verantwortung. "Brüder und Schwestern unserer Gemeinschaften haben sexuellen Missbrauch in seinen verschiedenen Formen verübt. Nicht nur diese Taten haben unsägliches Leid über die Betroffenen gebracht. Auch der Umgang von Leitungsverantwortlichen und anderen Ordensmitgliedern mit Betroffenen und ihren Berichten haben Menschen erneut verletzt, die sich durch ihre mutige Öffnung einen gemeinsamen Schritt auf ihrem Weg der Heilung erhofft hatten", sagte die DOK-Vorsitzende Katharina Kluitmann.
Der Bericht spricht den Angaben zufolge - auch mit Verweis auf die Ergebnisse der im Jahr 2018 von der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlichten MHG-Studie - von deutlichen Schwachstellen bei den bisher getroffenen Maßnahmen und von weiterem Handlungsbedarf. Die Mitgliederbefragung richtete sich an 392 Ordensobere, von denen drei Viertel den Fragebogen zurücksandten. Die Teilnahme sei freiwillig gewesen. Im Fokus der Befragung standen laut DOK unterschiedslos alle bei Ordensgemeinschaften eingegangenen Meldungen zu Grenzverletzungen, Übergriffen und sexuellem Missbrauch ohne Einschränkung auf einen bestimmten Zeitraum. Der Anteil der mit Missbrauchsvorwürfen konfrontierten Gemeinschaften liegt laut Bericht bei den Frauengemeinschaften bei knapp einem Viertel (22 Prozent) und bei den Männergemeinschaften rund zwei Drittel (68 Prozent).