Berlin (epd). Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) rechnet mit dramatischen Einschnitten bei der Lebensmittelversorgung im Libanon. Wie die Sprecherin des Büros in Berlin, Bettina Lüscher, am Mittwoch auf epd-Anfrage sagte, ist die Hilfsorganisation mit Blick auf die Folgen der verheerenden Explosion am Beiruter Hafen "äußerst besorgt". Die Teams vor Ort analysierten derzeit die Auswirkungen auf die bestehenden Operationen im Libanon und in Syrien und arbeiteten an Notfallplänen. Der Libanon sei "ein wichtiger humanitärer Korridor" für Hilfsmaßnahmen im benachbarten Bürgerkriegsland.
Nach Angaben von Lüscher lag die Zahl der Menschen, die im April im Libanon Hilfen des Programms erhalten hatten bei fast 800.000. Wegen der Corona-Pandemie und der Wirtschaftskrise seien weitere 250.000 Menschen hinzugekommen. Nach der Explosion kämen voraussichtlich weitere dazu. Die Sprecherin erwartet, dass die schon zuvor düstere Wirtschafts- und Ernährungssituation sich "erheblich verschärfen" werde.
Der Libanon ist stark von Importen abhängig und muss 80 bis 85 Prozent seiner Lebensmittel einführen. Seit Beginn der Corona-Pandemie seien diese Einfuhren aber zurückgegangen, hob Lüscher hervor - von Oktober 2019 bis April 2020 um fast 13 Prozent. Die Folge seien weniger Nahrungsmittel und höhere Preise: Der Grundpreis für Nahrungsmittel habe sich in sechs Monaten mehr als verdoppelt.
Libanesischen Medienberichten zufolge wurde bei der Explosion am Dienstag auch ein wichtiges Getreide-Lager am Hafen zerstört.