Berlin/Rom (epd). Nach der verheerenden Explosion am Hafen von Beirut sichert die internationale Gemeinschaft dem Libanon rasche Hilfe zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Mittwoch in einem Kondolenztelegramm an Ministerpräsident Hassan Diab: "In dieser schweren Zeit können Sie auf die Hilfe und Unterstützung der Bundesregierung zählen." Papst Franziskus rief alle gesellschaftlichen Gruppen des Libanon zur Zusammenarbeit auf, um mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft die "schwere derzeitige Krise" zu überwinden. Noch am Abend sollte sich ein auf die Bergung verschütteter Menschen spezialisiertes Team des Technischen Hilfswerks auf den Weg in das arabische Land machen.
Am Dienstag war es auf dem Hafengelände zu der Detonation gekommen. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur NNA vom Mittwochnachmittag kamen mindestens 100 Menschen ums Leben, rund 4.000 wurden verletzt. Die libanesische Zeitung "An-Nahar" berichtete, dass 2.700 Tonnen Ammoniumnitrat, die im Hafen gelagert waren, der Grund für die Detonation war. Laut Regierung lagerte das gefährliche Material dort seit 2014. Regierungschef Diab versprach in einer Rede an die Nation, dass die Verantwortlichen für die Katastrophe "bezahlen" werden.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte dem libanesischen Präsidenten, Michel Aoun. "Gerade in Zeiten der Covid-19-Pandemie wiegt diese Katastrophe besonders schwer", schrieb er. "Deutschland wird tun, was es kann, um den Menschen im Libanon zur Seite zu stehen." UN-Generalsekretär António Guterres versicherte, die Vereinten Nationen stünden weiter an der Seite des Libanon "in dieser schweren Zeit" und seien bereits dabei, Hilfe zu leisten. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, drückte in einem Kondolenzschreiben an den maronitischen Patriarchen, Kardinal Béchara Boutros Raï seine Bestürzung aus.
Laut Auswärtigem Amt gab es ein libanesisches Ersuchen, deutsche Spezialisten zu schicken, die nach verschütteten Menschen suchen. Das Technische Hilfswerk stelle ein 47-köpfiges Team der Schnell-Einsatz-Einheit Bergen Ausland bereit, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Die Regierung prüft zudem, inwieweit Unterstützung zur medizinischen Versorgung geleistet werden könne oder die Lieferung von Gütern. Die Corona-Pandemie erschwere dies, sagte ein Außenamtssprecher. Der Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Martin Jäger, erklärte, geprüft werde auch, wie das "laufende Engagement etwa in den Bereichen Ernährungssicherung und Armutsbekämpfung gesichert und möglichst verstärkt werden kann".
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) stimmt sich nach eigenen Angaben derzeit mit dem Auswärtigen Amt und dem Libanesischen Roten Kreuz zu den Hilfsmaßnahmen ab. Viele Krankenhäuser seien hoffnungslos überlastet und hätten aufgrund der Corona-Pandemie schon vor der aktuellen Katastrophe unter äußerst erschwerten Bedingungen gearbeitet.
Die Explosion hat in Beirut auch Gebäude zerstört, die kilometerweit entfernt waren. Laut Auswärtigem Amt wurden sowohl die deutsche Botschaft beschädigt als auch das Goethe-Institut. Botschaftsmitarbeiter seien zudem unter den Verletzten, hieß es. Die UN-Mission Unifil teilte mit, dass eines ihrer Schiffe beschädigt und Blauhelmsoldaten verletzt wurden, einige schwer.
Massive Schäden gab es außerdem an der Kirche und den Gemeinderäumen der Nationalen Evangelischen Kirche von Beirut (NECB) sowie dem Gebäude der Theologischen Hochschule (NEST), wie die "Evangelische Mission in Solidarität" (EMS) in Stuttgart mitteilte: "Sämtliche Fenster, auch die kostbaren Glasfenster der Kirche, wurden zerstört, einige Decken sind eingestürzt." Pfarrer Habib Badr, Leitender Pfarrer der Kirche, habe sein Büro gerade verlassen, als durch die Explosion die Decke dort einstürzte. "Der Schaden und die Zerstörung ist unglaublich", erklärte er.
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