Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5. Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11–12): »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5. Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5. Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.
Matthäus 4,1–11 (Hier vorgelesen von Helge Heynold)
Liebe fleißige Leserin, lieber eifriger Leser, willkommen zur 24. Zuversichts-Mail!
24 ist eine feine Zahl, denn sie erinnert an einen Adventskalender. 24 sind zwei Dutzend. Einmal zwei, mal drei, mal vier ist 24. In einem Bierkasten finden sich 24 kleine Flaschen. Wer lieber Wein trinkt, kauft 4 Kästen und hat die 24 voll. Der Grund, aus dem ich Ihnen diese Zahlenspielerei schreibe, liegt in dem Bibeltext für heute begründet, in dem auch eine Menge Zahlen versteckt sind. Jesus ist eben von Johannes getauft, da wird er vom Heiligen Geist in Versuchung geführt, genauer gesagt in die Wüste, wo er dem Versucher höchstpersönlich gegenübertreten soll. In der Wüste fastet er 40 Tage und Nächte. 40 ist die Zahl der Jahre, die das Volk Israel nach der Flucht aus Ägypten durch die Wüste irrte. Unsere Fastenzeit dauert darum – in normalen Jahren, nicht in diesem – 40 Tage.
Nach den 40 Tagen tritt der Teufel auf, um Jesus dreimal zu versuchen – noch so eine besondere Zahl – und es beginnt das Duell. Der Teufel fordert Jesus dreimal zu einer bestimmten Handlung heraus, die der jeweils verweigert. In der ersten Runde versucht es der Teufel mit einem sehr nahe liegenden Angebot: Nachdem Jesus so lange Zeit gefastet hat, muss er sehr hungrig sein, also fordert der Versucher ihn auf, Brot aus Steinen zu machen. Gleichzeitig könnte Jesus dem Teufel damit beweisen, dass er der Sohn Gottes ist. Jesus weigert sich und nicht nur das: Er reagiert mit einem Bibelzitat und macht damit klar, welche Autorität für ihn gilt. Der Teufel nimmt den Ball auf, zitiert Psalm 91 (zu unserer Zeit der beliebteste Taufspruch) und fordert Jesus auf, die Zusage, dass Gott Engel schickt, ernst zu nehmen und sich in die Tiefe zu stürzen. Jesus erkennt, dass dies bedeuten würde, Gott zu versuchen und verweigert – wiederum mit einem Bibelzitat. Der Teufel zieht noch ein Ass aus dem Ärmel und bietet Jesus unbegrenzte Macht an. Wenn man sich umsieht, wie viele Menschen der Versuchung erliegen, möglichst große Macht auszuüben, muss man anerkennen: Das ist ein geschickter Zug des Teufels. Aber nun hat der Versucher seine Maske fallen lassen, weil er Jesus aufforderte, ihn anzubeten. Jesus spricht ihn darum direkt als Satan an und kann ihm befehlen zu verschwinden.
Die Versuchung Jesu ist ein Text, der sich auf vielfältige Weise auslegen lässt: Als „Prüfung“ Jesu, bevor er sein Wirken beginnen kann, als „inneren Monolog“ eines Menschen, der nach 40 Tagen Fasten mit sich selbst ringt, als den ersten „großen Sieg“ Gottes über den Teufel, als Beleg dafür, dass der Gott des Alten Testaments der Vater Jesu Christi ist … All das steckt in dieser kleinen Erzählung. Ich möchte Sie heute vor allem auf zwei Punkte hinweisen: Zunächst ist da die Eleganz, mit der Jesus dem Teufel antwortet. Mit anscheinender Leichtigkeit pariert Jesus jede Versuchung. Es ist wie in einem alten Mantel- und Degen-Film, bei dem sich die Gegner nicht nur in der Fechtkunst überbieten wollen, sondern auch mit möglichst treffenden Worten. Oder es ist wie das, was wir uns manchmal wünschen, wenn es eben nicht geklappt hat: einmal ganz geistesgegenwärtig die passende Antwort parat haben!
Zweitens möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass Jesus seinen Versucher erkennt und ihn dann mit dessen Namen anspricht. Beide Beobachtungen führen mich nämlich zu der Wochenaufgabe für die kommenden Tage: Überall werden wir gerade nachlässig in unserem Bemühen, einander gutzutun durch vernünftigen Abstand. Wir geben einander zum Beispiel wieder arglos die Hände. Wenn uns eine freundliche Hand entgegengestreckt wird, ist es schwierig, der Versuchung nicht nachzugeben. Zum einen wünschen wir uns die freundliche und nahe Geste selbst. Zum anderen fürchten wir, unser Gegenüber in Verlegenheit zu bringen, wenn wir den Handschlag verweigern. Gut wäre darum, für solch eine Gelegenheit eine passende Antwort zu haben. Dafür müssen wir die Versuchungen kennen, die in dem kleinen Handschlag stecken: unbedarfte Nähe und unbelastete Beziehung. Nun können wir eine passende Antwort formulieren. Die könnte zum Beispiel so klingen: „Ich würde wirklich gern einschlagen, aber ich bin dir auch so nah, versprochen!“
Darum lautet die Wochenaufgabe: Machen Sie sich eine passende Entgegnung für eine Situation, in denen andere Sie auffordern könnten, Ihr Nähe-Fasten zu brechen! Erkennen Sie, was genau die Versuchung dabei ist und nennen Sie diese beim Namen! Merken Sie sich Ihre treffende Antwort und haben Sie sie parat. Bestimmt wird sich eine Situation ergeben, in der Sie elegant parieren können.
Alles Gute für Sie!
Ihr Frank Muchlinsky