Bundesregierung holt nur wenig deutsche IS-Kämpfer zurück

Bundesregierung holt nur wenig deutsche IS-Kämpfer zurück
Mehr als 1.070 Islamisten aus Deutschland sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung nach Syrien oder in den Irak ausgereist. Diese Menschen zurückzuholen ist schwierig. Wegen Corona gesperrte Grenzübergänge verstärken die Probleme.

Berlin (epd). Aktuell werden kaum noch deutsche IS-Kämpfer aus Syrien und dem Nordirak nach Deutschland zurückgeholt. Seit Ende August 2019 wurde nach Angaben des Auswärtigen Amtes nur eine deutsche Frau mit ihren drei Kindern zurückgebracht, wie aus einer Kleinen Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, deutsche IS-Kämpfer verstärkt kontrolliert zurückzuführen und strafrechtlich zu verfolgen.

Die Bundesregierung arbeite weiter daran, deutsche Staatsangehörige, besonders Kinder, aus Lagern im Nordosten Syriens die Rückkehr nach Deutschland zu ermöglichen, erklärte das Auswärtige Amt. Die Lokalisierung und Identifizierung gestalte sich jedoch im Einzelfall schwierig. Durch die Corona-Pandemie seien zudem Grenzübergänge und Flughäfen in der Region geschlossen. Zuerst hatten die Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Montag) über die Anfrage berichtet.

Mehr als 1.070 Islamisten aus Deutschland reisten nach Angaben der Bundesregierung in Richtung Syrien und Irak. Zu jedem zweiten lägen konkrete Anhaltspunkte vor, dass sie für Terrorgruppen gekämpft oder diese zumindest unterstützt haben. Mehr als 450 Islamisten halten sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Ausland auf, mutmaßlich in Syrien oder im Irak. 111 von ihnen seien in Nordsyrien wegen Terrorismusverdacht in Gefangenschaft. Mehr als 260 der ausgereisten Islamisten seien Hinweisen zufolge in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen. Etwa ein Drittel der Ausgereisten befinde sich wieder in Deutschland.

Seit Oktober 2019 wurden nach Angaben der Bundesregierung gegen 17 mutmaßliche IS-Unterstützer mit deutscher Staatsangehörigkeit von der Generalbundesanwalt Ermittlungsverfahren eingeleitet. Gegen zwei Beschuldigte besteht ein Haftbefehl. Von den aus Syrien oder dem Irak zurückgekehrten Ausgereisten werden 109 als Gefährder, 90 als "relevante Personen" eingestuft. Insgesamt würden in Deutschland im Bereich der politisch motivierten Kriminalität fast 630 Menschen als Gefährder und 515 als relevante Personen registriert.

Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic forderte die Bundesregierung auf, die Bundesbürger kontrolliert zurückzuführen, um ihnen den Prozess zu machen. Das Problem der deutschen Mitglieder des IS dürfe nicht länger ignoriert werden. Eine unkontrollierte Einreise von IS-Kämpfern sei brandgefährlich und müsse unterbunden werden. Ferner müsse dafür Sorge getragen werden, "dass die Kinder schnellstens ausreisen können und nicht länger für die Straftaten ihrer Eltern in den Lagern unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten werden", sagte Mihalic.