Wiesbaden (epd). Der hessische Verfassungsschutzpräsident Robert Schäfer sieht im Kampf gegen den Rechtsextremismus die wichtigste Aufgabe seiner Behörde. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) nannte er ihn "die derzeit größte Bedrohung für unsere Gesellschaft". Dem Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zum Mordfall Walter Lübcke sicherte Schäfer volle Unterstützung zu. Es seien schon Konsequenzen daraus gezogen worden, dass der Verfassungsschutz den mutmaßlichen Mörder Stephan E. nicht mehr auf dem Radar hatte: Nach Überprüfung ähnlicher Fälle wurden nach den seinen Worten 31 von früher bekannten Rechtsextremisten wieder in die Überwachung aufgenommen.
Schäfer wies darauf hin, dass in der Behörde seit 2009 keine Erkenntnisse mehr über den jetzt in Frankfurt am Main wegen Mordverdachts vor Gericht stehenden Rechtsextremisten Stephan E. registriert waren. Daher sei im Einklang mit dem Gesetz im Jahr 2015 entschieden worden, seine Personenakte zu sperren. Inzwischen habe das Amt eine neue Einheit gegründet, "um uns noch einmal genau jene Rechtsextremisten anzuschauen, die seit längerer Zeit nicht mehr rechtsextremistisch in Erscheinung getreten sind".
Dabei stelle der Verfassungsschutz jetzt bewusst niedrige Hürden für eine weitere Beobachtung auf. Bei der Überprüfung gehe es um die Frage, ob die Loslösung der betreffenden Person aus der rechtsextremistischen Szene und deren Ideologie plausibel sei. "Bisher sind wir in 31 Fällen zu dem Ergebnis gelangt, dass wir die Personen wieder in die aktive Bearbeitung nehmen", sagte Schäfer.
Dass der hessische Verfassungsschutz mit dem Untersuchungsausschuss zum Fall Lübcke konstruktiv zusammenarbeiten und Fragen umfassend beantworten werde, nannte Schäfer "eine Selbstverständlichkeit". "Den Ausschuss werden wir bestmöglich unterstützen. Das gilt auch und gerade für Fragen zur Arbeit des Verfassungsschutzes", sagte er.
Den Mord an dem früheren Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke, die Verbrechen von Wächtersbach und Hanau sowie die Drohmails gegen die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und Linken-Fraktionschefin Janine Wissler bezeichnete Schäfer als "abscheuliche Straftaten". Diese hätten Hessen besonders getroffen.
Für ihn sei die Bekämpfung gerade des Rechtsextremismus seit seinem ersten Tag im Amt im Jahr 2015 ein absoluter Schwerpunkt. Die ein Jahr später eingerichtete eigene Abteilung dazu sei mittlerweile auf 60 Mitarbeiter verdreifacht worden. Zudem sei die Zusammenarbeit mit der Polizei und auch den Waffenbehörden intensiviert worden. "Mein Ansatz ist eine Null-Toleranz-Strategie.", betonte Schäfer.