Frankfurt a.M. (epd). Die Besatzung des Rettungsschiffs "Ocean Viking" hat nach mehreren Suizidversuchen an Bord den Notstand ausgerufen. Das Schiff steuere nun in Richtung des sizilianischen Hafens von Pozzallo, ohne ihn von den Behörden zugewiesen bekommen zu haben. "Wir haben keine andere Möglichkeit gesehen, weil alle unsere offiziellen Anfragen unbeantwortet blieben", sagte die Geschäftsführerin von SOS Méditerranée, Verena Papke, am Freitag dem epd. "Dies ist eine Lage, die wir so noch nicht hatten."
SOS betreibt die "Ocean Viking", die seit Tagen mit 180 Flüchtlingen an Bord zwischen Italien und Malta ausgeharrt hat. Die Geretteten hätten einen Hungerstreik begonnen, sagte Papke. Fünf Flüchtlinge hätten versucht, sich das Leben zu nehmen, indem sie über Bord sprangen. "Die Sicherheit der Überlebenden und der Besatzung ist bedroht", sagte Papke.
Die Crew habe die maltesischen und italienischen Behörden um die Evakuierung von 44 Geretteten gebeten, denen es besonders schlecht gehe, sagte Papke. Sie hätten gedroht, sich selbst und anderen Schaden zuzufügen. Bislang gebe es aber keine Zusage. Insgesamt habe die Crew sieben Anfragen für die Zuweisung eines sicheren Hafens gestellt.
Das Seerecht erlaubt Schiffen bei Notstand das Einfahren in den nächstgelegenen Hafen. In ähnlichen Fällen wurden die Kapitäne privater Rettungsschiffe in der Vergangenheit allerdings juristisch belangt und die Schiffe zumindest vorübergehend beschlagnahmt.
Die Besatzung rettete die Flüchtlinge in vier Einsätzen zwischen dem 25. und dem 30. Juni aus Seenot. Drei der Aktionen hätten in der maltesischen Rettungszone stattgefunden, eine in einem Gebiet, das sich Italien und Malta teilen. Weil die meisten Menschen in der maltesischen Rettungszone an Bord genommen worden seien, fühlten sich die italienischen Behörden nicht zuständig, erläuterte Papke. Und Malta wolle keine Rettungsschiffe anlanden lassen.