Düsseldorf/Gütersloh (epd). Mit einem Lockdown für gesamten Kreis Gütersloh will die nordrhein-westfälische Landesregierung den massiven Corona-Ausbruch in einem Schlachthof der Firma Tönnies unter Kontrolle bringen. Erstmals seit den Corona-Lockerungen werde in Deutschland ein ganzer Landkreis "zurückgeführt auf die Maßnahmen, die vor wenigen Wochen gegolten haben", teilte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag in Düsseldorf mit. Vorerst bis Ende Juni gilt damit ein striktes Kontaktverbot, Kultureinrichtungen, Bars und Sporteinrichtungen werden geschlossen. Die SPD-Opposition begrüßte den Schritt, er komme aber zu spät.
Der Lockdown sei nötig, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu stoppen, sagte Laschet. Dies sei vor einigen Wochen in einem ähnlich Fall im Kreis Coesfeld gelungen, wo die Infektionszahlen inzwischen wieder so wie überall im Land seien, "nämlich sehr gering". Der Ministerpräsident sieht aktuell ein "enormes Pandemie-Risiko" insbesondere durch "die Streuung der Orte und die Internationalität der Tönnies-Belegschaft". Es gehe darum, "die Situation zu beruhigen und die Testungen jetzt auszuweiten, um festzustellen, ob auch über die Mitarbeiter von Tönnies hinaus in der Bevölkerung der Virus bereits verbreitet ist oder nicht".
Die Bürger im Kreis Gütersloh dürfen sich ab sofort im öffentlichen Raum nur zu zweit oder mit Menschen des eigenen Hausstands bewegen. Sport und Freizeitaktivitäten in geschlossenen Räumen, für die keine Maskenpflicht besteht, sind ebenso untersagt wie Konzerte und Aufführungen. Kinos, Museen, Kunstausstellungen, Galerien, Schlösser, Burgen, und Gedenkstätten werden geschlossen. Dies gilt auch für Indoorspielplätze, Hallenschwimmbäder, Saunen und Wellnesseinrichtungen.
Verboten sind zudem Picknicks und Grillen im öffentlichen Raum. Bars und "gastwirtschaftlicher Thekenbetrieb" müssen ebenfalls ruhen, dagegen dürfen Restaurants geöffnet bleiben, "aber nur für Personen eines Hausstands". Reisebusfahrten sind untersagt, Stadtranderholung und Ferienfreizeiten sind nur mit Erlaubnis der zuständigen Ordnungsbehörde erlaubt. Beschränkungen gelten auch für die Orte Oelde, Beckum und Warendorf im Kreis Warendorf.
Von den 6.140 getesteten Tönnies-Mitarbeitern seien 1.553 mit dem Corona-Virus infiziert, dazu gebe es einige Infektionen im familiären Umfeld, sagte Laschet. Bislang seien lediglich 24 nicht bei Tönnies beschäftigte Menschen positiv getestet worden. Dennoch ergreife die Landesregierung nun diese Maßnahmen, weil Vorsicht geboten sei.
Die Tests in der Fleischfabrik sollen bis Donnerstag beendet sein. Insgesamt sind hundert mobile Test-Teams im Kreis im Einsatz. Auch alle Bewohner und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen sollen auf Sars-CoV-2 getestet werden, zudem können sich alle Bewohner des Kreises kostenlos testen lassen. Sämtliche Krankenhäuser in der Region halten ab sofort Plätze für potenzielle Corona-Patienten frei.
Die Einhaltung der Auflagen, insbesondere die Quarantäne-Pflicht für die Tönnies-Mitarbeiter, müsse nun konsequent durchgesetzt werden, betonte Laschet. Es sei aber auch wichtig, sich auch humanitär um diese Menschen zu kümmern: "Es reicht nicht, wenn jemand in Quarantäne ist, ihm einmal am Tag ein Essenspaket zu bringen." Deshalb hätten Hilfswerke und der Kreis Gütersloh umfassende Hilfe organisiert. Laschet betonte, ihm sei "die große Belastung" durch den Lockdown. Deshalb solle diese befristete Maßnahme "schnellstmöglich zurückgefahren werden".
Vor einer Woche waren im Kreis Gütersloh bereits die Schulen und Kitas für 50.000 Kinder geschlossen worden. Am Wochenende stellte der Kreis alle Beschäftigten und das Management der Tönnies-Großschlachterei per Verordnung bis zum 2. Juli unter Quarantäne.