Berlin (epd). Die beiden früheren Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Matthias Platzeck (SPD) haben sich für einen Digitalisierungsschub an Deutschlands Schulen ausgesprochen. Mit Blick auf mögliche weitere Corona-Einschränkungen beim Unterricht nach den Sommerferien müssten die Schulen von Bund, Ländern und Kommunen "krisenfest und gleichzeitig zukunftssicher" gemacht werden, sagte der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS), Koch, am Montag. Nötig seien "kluge digitale Lern- und Lehrformate sowie Bildungspartnerschaften".
"Im Herbst kann es nicht einfach so weitergehen wie vor Corona", mahnte der ehemalige hessische Ministerpräsident. Deshalb sollten die Ferien von Lehrern für Fortbildungsmaßnahmen genutzt werden: "Die Sommerferien sind keine Zeit, die das Bildungssystem als Urlaub betrachten kann."
Es gebe bundesweit flächendeckende Fortbildungsangebote zum Homeschooling und Distanzunterricht, die sich an Lehrer oder Schulbehörden richteten, etwa von der DKJS. Die vorhandenen Möglichkeiten seien während der Corona-Krise nur unzureichend genutzt worden, kritisierte Koch.
Digitalkonzepte müssten nun "schnell an die Schulen gebracht werden", betonte der CDU-Politiker weiter. Sonst bestehe die Gefahr, dass viele Schülerinnen und Schüler in ihren Bildungsverläufen "abgehängt werden". Langfristig gebe es durch Covid-19 ein "Systemrisiko" im Bildungsbereich. Deshalb dürfe es keine Ausreden mehr geben, eine schnelle und breitere Digitalisierung an Schulen voranzubringen. Zugleich kritisierte Koch, dass Bildungspolitik im Vergleich zu anderen Themen in der aktuellen Debatte zu Bewältigung der Corona-Krise häufig zu kurz komme.
In der Corona-Krise hätten Lehrkräfte und Eltern beim Distanzunterricht Immenses geleistet, betonte der Vorsitzende des Stiftungsrates der DKJS und frühere Ministerpräsident Brandenburgs, Platzeck. Dennoch habe das, was beim Homeschooling bislang stattgefunden hat, "eher den Charakter von Notmaßnahmen".
Sollte es nach den Sommerferien so weiter gehen, ließe sich Bildungsgerechtigkeit nicht mehr herstellen. Künftig müsse bei der zunehmenden Digitalisierung eine weitere soziale Spaltung bei Kindern verhindert werden, mahnte Platzeck. Bei fortgesetztem Distanzlernen dürften sich die Benachteiligungen nicht verstärken.
Platzeck sprach sich dafür aus, das Berliner "LernBrücken"-Projekt als Vorbild zu nutzen und auf andere Bundesländer auszuweiten. Das Programm richtet sich den Angaben zufolge an Kinder und Jugendliche, deren häusliches Umfeld wenig zum eigenverantwortlichen Lernen beitragen kann. Durch personelle Unterstützung von Lehrern, Sozialpädagogen und Jugendhilfe sollen betroffene Schülerinnen und Schüler aufgesucht und individuell unterstützt werden. Laut Platzeck nehmen bislang rund 4.000 Schülerinnen und Schüler aus 100 Berliner Schulen daran teil.
Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) setzt sich nach eigenen Angaben deutschlandweit für Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen ein. Im Stiftungsrat der DKJS sind die Ministerpräsidenten oder frühere Regierungschefs von fast allen Bundesländern vertreten.