Frankfurt a.M., New York (epd). Kurz vor Ablauf einer Frist, wonach Myanmar dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag über Maßnahmen zum Schutz der Rohingya berichten soll, beklagen Kritiker anhaltende Gewalt gegen die muslimische Volksgruppe. In einem von US-Menschenrechtsorganisationen ausgerichteten "Webinar" vom Mittwoch (Ortszeit) kritisierte die myanmarische Aktivistin Wai Wai Nu, Myanmar habe nichts unternommen, um die systematische Diskriminierung zu stoppen. Sicherheitskräfte würden ihre Angriffe im Bundesstaat Rakhine fortsetzen und Dörfer niederbrennen.
Am 23. Januar hatte das höchste UN-Gericht angeordnet, dass Myanmar die muslimischen Rohingya vor Völkermord schützen müsse. Auch müsse das Land binnen vier Monaten einen ersten Bericht vorlegen. Angestrengt hatte das Verfahren das westafrikanische Gambia. Nachdem die Rohingya-Miliz Arsa Ende August 2017 Dutzende Polizei- und Grenzposten überfallen hatte, begann Myanmars Militär unter dem Vorwand eines "Anti-Terror-Kampfes" eine Offensive gegen die gesamte Volksgruppe.
Mehr als 740.000 Rohingya flohen nach Bangladesch. Seitdem seien 1.000 Tage verstrichen, und es habe keine Fortschritte gegeben, kritisierte auch die frühere UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte in Myanmar, Yanghee Lee. Stattdessen nutze das Militär die Covid-19-Pandemie zu verschärften Angriffen auf Zivilisten.
Die Gewalt richte sich auch gegen weitere ethnische Minderheiten. Die Aktivistin Wai Wai Nu kritisierte, das Büro des Präsidenten habe zwar "hochtrabende" Anordnungen zum Schutz der Rohingya und anderer Bevölkerungsgruppen erlassen. Geändert habe sich jedoch nichts.
Derzeit sollen in Rakhine noch 600.000 Rohingya unter erbärmlichen Bedingungen leben. Die Entscheide des Internationalen Gerichtshofes sind für alle UN-Mitglieder bindend. Es liege auf der Hand, wie Myanmars Autoritäten das Urteil umsetzen müssten: "Stoppt die Verfolgung, stoppt die Diskriminierung", so Yanghee Lee. Erneut forderte sie, die internationale Gemeinschaft müsse in dieser Frage zusammenstehen.