In Niederwerrn (Landkreis Schweinfurt) freuen sie sich schon auf einen Drive-In-Gottesdienst am Himmelfahrtstag (21. Mai) auf einem großen Parkplatz. Drei evangelische Gemeinden haben sich zusammengetan, erzählt Pfarrerin Corinna Bandorf aus Euerbach. Die Leute könnten miteinander und jeder in seinem Fahrzeug feiern, stellt sie vor, "und laut singen im Auto, das macht man ja ohnehin".
In Winkelhaid bei Altdorf im Nürnberg Land gab es bereits ein solches Event. Am große Supermarkt mit Bäckerei und Getränkehändler ein ungewohntes Umfeld: der Altkleidercontainer, die riesigen Werbetafel und die aneinandergeketteten Einkaufswagen, darüber knisternde Hochspannungsleitungen. An eine Kirche erinnert hier gar nichts. Aber es gibt eine Gemeinde. Familien, Männer und Frauen sitzen statt auf Kirchenbänken in ihren Autos.
"Man sitzt geschützt in seiner Kiste ohne Mundschutz und kann sogar während des Gottesdienstes etwas miteinander reden", zählt Bernhard Winkler ein paar Vorteile auf. Er hat bereits einen solchen Gottesdienst in seiner Gemeinde Burgthann gefeiert. Der habe das Bedürfnis gezeigt, "miteinander zu sein", sagt er.
Der pfiffige Pfarrer hat sich für die neue Form der Drive-In-Gottesdienste besondere liturgische Auto-Elemente ausgedacht. Das Halleluja sollen die Lichthupen begleiten, zum Amen drücken die Besucher auf die Hupe. "Yeah, da freuen sich die Kinder schon besonders drauf", jubelt eine junge Mutter in einem großen Mazda. Ihr Mann lacht und schaut sich zu den beiden Kindern auf dem Rücksitz um.
Immer wenn der Pfarrer in der nächsten Stunde "Amen" in das Mikrofon sagen wird, werden sofort alle Autohupen tönen und zugleich wird ein Lächeln über des Pfarrers Gesicht huschen, zufrieden, dass ihm die Gemeinde aufmerksam zuhört.
Strenge Vorschriften
Mittlerweile dürfen Gottesdienste in den Kirchen zwar wieder stattfinden, aber Winkler findet die Vorschriften, mit Mundschutz und viel Abstand zu feiern, "so streng" und wenig praktikabel. Deshalb haben sich seine Mitarbeiterinnen und er für den Auto-Gottesdienst um Genehmigungen vom Gesundheitsamt des Landkreis und des Ordnungsamts der Gemeinde gekümmert und die Polizei zuvor informiert. "Ein bisschen Bammel hatten wir schon, aber es hat gut geklappt."
Im echten Autokino empfangen Zuschauer den Ton des Films über das Autoradio. Aber eine Radiofrequenz zu diesem Zweck zu beantragen, kostet, nach Auskunft der Bundesnetzagentur, satte 450 Euro. Also behilft man sich in Winkelhaid mit langen Kabeln über den ganzen Parkplatz, die zu großen Boxen führen, die in Einkaufswagen stehen. Die Gemeinde soll die Fenster einen Spalt weit öffnen, um besser zu hören.
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Der Altarraum ist an diesem Sonntag ein großer Traktoranhänger, auf dem das zwei Meter hohe schlichte Holzkreuz aus dem Gemeindehaus steht. Ein Tischchen mit einem Altarkreuz und die Verstärkeranlage machen die Ausrüstung komplett. Zwei Musiker und der Pfarrer stimmen auf dem Anhänger gerade noch ihre Instrumente.
Weiter rollen Pkws über den Kreisverkehr gemächlich heran, Helfer in Warnwesten weisen sie in ordentliche Reihen mit genügend Abstand ein. In der ersten Reihe ein Smart Cabrio. Darin auf dem Beifahrersitz kniend Tom. Der Siebenjährige wollte unbedingt diesen Freiluftgottesdienst erleben, erzählt Vater Markus S., während sich der Sohn eines der mitgebrachten Toffifees in den Mund steckt. Anni K., eine Rentnerin aus Winkelhaid, wohnt nur wenige Meter weg vom Supermarktparkplatz. Heute Morgen war sie schon in einem Gottesdienst in Wien, sagt sie verschmitzt. Seit den coronabedingten Beschränkungen schaut sie sonntäglich die Fernsehgottesdienste, "weil sonst keiner ist".
Ein Stück aus der Kirche heraus
Nun sitzt Anni K. im Mercedes und singt mit ihrer Nachbarin das Kirchenlied "Ich singe dir mit Herz und Hand". Es ist der Sonntag "Kantate". Der Pfarrer predigt vom Singen, von Wundern und dem Stimmungsumschwung, den "wir alle gebrauchen können". "Wir werden andere Lieder singen voller Zuversicht und Hoffnung", sagt er.
Die Corona-Krise habe bewirkt, dass die Kirchengemeinden "ein Stück aus der Kirche herausgehen", sagt Pfarrer Winkler. Jüngere Menschen hätten Schwierigkeiten mit dem Ort Kirche, darauf müsse man sich in Zukunft einstellen.
Philipp B., Katholik aus Winkelhaid, fand die Predigt und das Gebet inspirierend. "Aber Kirche ist schon besser als im Auto", räumt er ein. "Es war ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber sehr schön", findet Gemeindesekretärin Jutta Hochsam hinter ihrem Mundschutz, als die meisten Autos schon wieder den Parkplatz verlassen haben. "Es waren aber viele da, die sonst nicht in den Gottesdienst gehen", hat sie festgestellt. Rentnerin Anni K. stellt fest: "Ein guter Einfall, aber irgendwann muss es auch mal wieder anders werden".