Berlin (epd). Der langjährige Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Dennis Snower, hat eine bessere internationale Zusammenarbeit in der Corona-Krise angemahnt. Beim Kampf gegen Pandemien müsse international vernetzt gehandelt werden, "nationale Strategien sind nur Scheinlösungen", sagte Snower in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Nötig sei ein koordinierter und multilateraler Ansatz durch internationale Zusammenschlüsse wie die G20 oder die G7 sowie eine Stärkung der Weltgesundheitsorganisation. Dies bedeute aber auch mehr Hilfen für den Gesundheitsbereich in Schwellen- und Entwicklungsländern: "Mangelnde internationale Solidarität ist ein Brandbeschleuniger für das Coronavirus", betonte der Wirtschaftsprofessor.
Snower plädierte zudem für eine EU-weite Solidarität bei der Versorgung der Kranken, bei der Bereitstellung von medizinischem Material und bei der Bekämpfung der wirtschaftspolitischen Auswirkungen. "Auch Europa kann die Corona-Herausforderung nur gemeinsam bewältigen", sagte der Ökonom. Snower leitete von 2004 bis 2019 das Kieler Weltwirtschaftsinstitut. 2018 gründete er in Berlin die gemeinnützige Stiftung Global Solutions Initiative für Politikberatung.
Der Generalsekretär der Stiftung, Markus Engels, betonte, nach der Überwindung der Krise dürften nicht dieselben Fehler wie 2008 nach der Bankenkrise gemacht werden, und es dürfe "einfach so weiter gemacht werden wie bisher". Krankenhäuser seien ein öffentliches Gut und Teil der Daseinsvorsorge. Sie dürften deshalb "nicht länger dem Effizienz-Dogma der vergangenen Jahrzehnte unterworfen werden", sagte Engels. Dies bedeute zunächst: "Bessere Löhne für Personal im Gesundheitsbereich und bessere Arbeitsbedingungen."
"Nach der Überwindung der Bankenkrise konnte man gar nicht schnell genug zum alten System zurückkehren", sagte Engels weiter. Riskante, teilweise aberwitzige Geschäftsmodelle seien einfach fortgeführt worden: "Es wurde versäumt, gesellschaftliche, soziale und ökologische Aspekte einzubeziehen." Aus diesen Fehlern müssten die richtigen Lehren für das Gesundheitssystem gezogen werden.
"Die Corona-Krise ist zugleich eine Krise unseres Wirtschaftsmodells", betonte der Politikwissenschaftler. Die Folge sei heute offensichtlich: "Es fehlen Krankenhausbetten genauso wie Schutzkleidung, Beatmungsgeräte und Ausrüstung." Dies sei in Ländern wie Großbritannien und den USA noch dramatischer, weil hier die neoliberale Ideologie auf die Spitze getrieben worden sei.