Berlin (epd). In der von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) angestoßenen Debatte um eine Lockerung von Arbeitsverboten für Asylbewerber zur Ernte hat das Bundesinnenministerium darauf hingewiesen, dass viele Flüchtlinge bereits arbeiten können. Mit Stand Ende Februar standen dem Arbeitsmarkt 156.000 Flüchtlinge zur Verfügung, wie eine Ministeriumssprecherin am Donnerstag auf Nachfrage mitteilte. Dabei handelt es sich um anerkannte Flüchtlinge. Auch Asylbewerbern kann aber bereits nach derzeitiger Rechtslage eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden.
Klöckner hatte Seehofer darum gebeten, Gesetze zu ändern, um den Einsatz von Asylbewerbern mit Arbeitsverbot in der Landwirtschaft möglich zu machen, nachdem für Erntehelfer aus Osteuropa wegen der Corona-Pandemie ein Einreisestopp verfügt wurde. Wie viele Asylbewerber mit einem Arbeitsverbot belegt sind, kann nicht genau gesagt werden. Es sind voraussichtlich aber eher wenige angesichts des Bedarfs bei Bauern.
Arbeitsverbote gelten grundsätzlich nur für eine gewisse Zeit, in der Regel für den Aufenthalt in einer Gemeinschaftseinrichtung, und für Schutzsuchende aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, wozu etwa die Länder des Balkans gehören. Lediglich 11.000 Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten sind der Ministeriumssprecherin zufolge in Deutschland registriert, davon nur knapp 6.000 im erwerbsfähigen Alter.
Nach Klöckners Angaben werden im März rund 35.000 Helfer in der Landwirtschaft, im Mai schon 85.000 gebraucht. Der Deutsche Bauernverband selbst äußerte sich eher zurückhaltend zu ihrem Vorschlag. Jede "zusätzliche helfende Hand" sei herzlich willkommen, sagte Präsident Joachim Rukwied dem epd, betonte aber auch: "Wir brauchen unsere erfahrenden und bewährten Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland, die seit Jahren zu uns kommen."
Die Grünen-Politikerin Filiz Polat forderte, dass eine mögliche Aufhebung des Arbeitsverbots von Dauer sein müsse. "Es darf nicht dazu kommen, dass Schutzsuchende, die jetzt bei der Erdbeerernte unterstützen, gleichzeitig befürchten müssen, anschließend abgeschoben zu werden", sagte sie dem epd. Es brauche daher die Zusage für einen Spurwechsel in ein gesichertes Aufenthaltsrecht, "auch über die Zeiten der Coronakrise hinaus".