Dubai, Neu-Delhi (epd). Bei den schlimmsten religiösen Unruhen in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi seit Jahrzehnten ist die Zahl der Toten am Donnerstag auf 34 gestiegen. Wie die Zeitung "Indian Express" berichtete, wurden bei den seit fünf Tagen anhaltenden Krawallen in mehrheitlich muslimischen Wohngebieten zudem mehr als 250 Menschen verletzt. Der ehemalige Premierminister Manmohan Singh sprach von einer "nationalen Schande".
Die Polizei steht wegen ihrer abwartenden Haltung weiter in der Kritik. Ein Richter am Oberlandesgericht von Neu-Delhi, der das Verhalten der Polizei als untragbar bezeichnete, wurde nur Stunden später versetzt. Der Regierungschef von Neu-Delhi, Arvind Kejriwal, hatte am Mittwoch an den indischen Innenminister Amit Shah appelliert, die Armee gegen Randalierer, Unruhestifter und Plünderer einzusetzen. Die Polizei der 19-Millionen-Stadt untersteht direkt der Zentralregierung und nicht der Landesregierung.
Der hindu-nationalistische indische Premierminister Narendra Modi, der während der Unruhen US-Präsident Donald Trump als Staatsgast empfangen hatte, wird beschuldigt, nicht früh genug gehandelt zu haben. Unter den Augen der Polizei hatten Gruppen von Männer mit Eisenstangen, Stöcken und Molotow-Cocktails tagelang Häuser und Geschäfte von Muslimen in Brand gesteckt und auf Einwohner eingeschlagen. Mindestens vier Moscheen wurden zerstört.
Die Unruhen stehen in Zusammenhang mit dem neuen Staatsbürgerschaftsgesetz, das nur Nicht-Muslimen aus Bangladesch, Afghanistan und Pakistan unter bestimmten Bedingungen die indische Nationalität ermöglicht. Kritiker sehen in dem Gesetz einen weiteren Schritt zu einer Hinduisierung Indiens. Laut Verfassung ist der Staat zu religiöser Neutralität verpflichtet.
Am Sonntag versuchten Hindu-Nationalisten einen Sitzstreik von Gegnern des Gesetzes zu sprengen. Die Situation eskalierte. Rasch bekamen die Straßenkämpfe einen anti-muslimischen Charakter.
Die Mehrheit der Inder und Inderinnen sind Hindus, die etwa 80 Prozent der 1,4-Milliarden-Nation ausmachen. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die Muslime mit etwa 180 Millionen Menschen.