Gießen (epd). Das Verwaltungsgericht Gießen hat am Dienstag die Klage einer Wetzlarer SPD-Politikerin gegen eine NPD-Vertreterin in der Stadtverordnetenversammlung abgewiesen. Die NPD-Politikerin hatte 2016 eine Rede in der Wetzlarer Stadtverordnetenversammlung mit den Worten eingeleitet: "Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, werte Vertreter der volkszerstörenden und volksvernichtenden Gutmenschenparteien." Die Klägerin hätte den Stadtverordnetenvorsteher auf die Äußerung hinweisen müssen, entschied das Gericht. Er sei für die Ordnung zuständig. Die Klägerin könne sich nicht auf ihr Persönlichkeitsrecht berufen, ihr fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Sie sei als Organ der Stadt Wetzlar tätig gewesen und nicht als Privatperson. (AZ: 8 K 4149/18.GI.)
Der Rechtsstreit hatte bereits mehrere Gerichte beschäftigt und war an das Verwaltungsgericht verwiesen worden. Die Klägerin sah die Anrede durch die NPD-Politikerin als ehrverletzend an. Ehrenamtlich tätige Volksvertreter würden verächtlich gemacht. Nach Angaben ihres Anwalts wurde der Redebeitrag später auf der Homepage der NPD veröffentlicht.
Die gesellschaftliche Entwicklung zu schärferen und provokanten Äußerungen sei "bedauerlich", sagte Richter Harald Wack, Präsident des Verwaltungsgerichts, in der Urteilsbegründung. Allerdings lasse das Bundesverfassungsgericht im politischen Meinungskampf "sehr viel zu". Das Gericht hat eine Berufung zugelassen.