Berlin (epd). Der Ministerpräsident der international anerkannten libyschen Regierung, Fajis al-Sarradsch, fordert eine internationale Schutztruppe für sein Land. "Wenn Chalifa Haftar seine Offensive nicht einstellt, muss die internationale Gemeinschaft aktiv werden und zwar auch mit einer internationalen Truppe zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung", sagte al-Sarradsch der Zeitung "Welt am Sonntag" vor Beginn der Berliner Libyen-Konferenz.
Rebellengeneral Haftar hatte bei einem Treffen in Moskau vor einer Woche die Unterzeichnung eines Waffenstillstands abgelehnt. Im April 2019 hatte Haftar seine Offensive gegen die libysche Hauptstadt Tripolis begonnen und war zuletzt nah an sie herangerückt.
Die internationale Truppe soll nach den Worten des Regierungschefs mit einem Mandat der Vereinten Nationen agieren und zum Schutz der Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Zur Frage, wer sich an der Truppe beteiligen sollte, brachte al-Sarradsch die EU, die Afrikanische Union und die Arabische Liga ins Gespräch.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte sich zuvor für eine Friedenstruppe in Libyen ausgesprochen. "Wenn es einen Waffenstillstand in Libyen gibt, dann muss die EU bereit sein, bei der Umsetzung und der Überwachung dieses Waffenstillstands zu helfen - eventuell auch mit Soldaten, etwa im Rahmen einer EU-Mission", sagte Borrell dem Magazin "Der Spiegel". Libyen ist ein wichtiges Transitland für Migranten und Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa wollen.
Anfang Januar hatte die türkische Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan die Entsendung von Truppen zum Schutz der Regierung von al-Sarradsch beschlossen. "Die EU muss Selbstkritik üben. Die Europäer sind zu spät gekommen", sagte der libysche Ministerpräsident al-Sarradsch.
Außenminister Heiko Maas (SPD) reagierte mit Zurückhaltung auf den Vorschlag einer EU-Truppe für Libyen. "Mein Eindruck aus den Gesprächen der letzten Wochen ist bisher nicht, dass es den Libyern vordringlich um eine internationale Truppenpräsenz geht", sagte der Minister der "Bild am Sonntag". Deutschland wolle allerdings auch nach der Berliner Konferenz den politischen Prozess innerhalb Libyens weiter unterstützen. Dafür sei die Einhaltung des Waffenstillstands außerordentlich wichtig.
epd et