Berlin, Caracas (epd). Der Oberste Gerichtshof in Venezuela hat eine Untersuchung der chaotischen Wahl des Parlamentspräsidenten durch die Regierungspartei angeordnet. Dabei soll untersucht werden, ob die Wahl des Abgeordneten Luis Parra verfassungskonform und mit der notwendigen Mehrheit erfolgt sei, wie die Tageszeitung "El Nacional" am Montagabend (Ortszeit) berichtete. Eigentlich sollte Oppositionsführer Juan Guaidó auf der Sitzung Anfang Januar in seinem Amt als Parlamentspräsident bestätigt werden. Aber Sicherheitskräfte verwehrten Guaidó und weiteren Oppositionsabgeordneten den Zutritt zum Gebäude des Nationalkongresses.
In einer separaten Sitzung wurde Guaidó von den Abgeordneten der Opposition zum Parlamentspräsidenten gewählt. Er erhielt nach eigenen Angaben rund 100 Stimmen und damit die Mehrheit der 167 Mandate im Nationalkongress. Die Opposition stellt in dem von Staatschef Nicolás Maduro weitgehend entmachteten Parlament rund zwei Drittel der Abgeordneten.
US-Vizepräsident Mike Pence gab via Twitter bekannt, dass die USA weitere Sanktionen gegen sieben Personen verhängt hätten, die bei der Wahl des Parlamentspräsidenten versucht hätten, "die Demokratie zu vereiteln". Pence betonte: "Wir werden weiterhin zu Guaidó stehen, bis das venezolanische Volk die Freiheit wieder hat, die es verdient."
Von westlichen Ländern wurden der Ablauf der Wahl und der Ausschluss der Opposition scharf kritisiert. Die Bundesregierung, die EU sowie weitere Länder erklärten, sie würden Guaidó weiter als Parlamentspräsidenten anerkennen.
In dem von einer schweren Wirtschaftskrise gezeichneten südamerikanischen Land tobt ein erbitterter Machtkampf zwischen Anhängern von Maduro und der Opposition. Vor knapp einem Jahr hatte sich Parlamentspräsident Guaidó zum Interimspräsidenten ausgerufen und wird inzwischen von mehr als 50 Staaten anerkannt. Auf der Seite von Maduro stehen Länder wie Kuba, Russland und die Türkei. Das Militär steht mehrheitlich loyal zu Maduro und ist sein größter Machtfaktor.