Genf (epd). In Syrien droht den Hilfslieferungen der Vereinten Nationen für vier Millionen Menschen das Aus. Die Transporte über vier Grenzübergänge müssten an diesem Freitag um Mitternacht gestoppt werden, wenn keine Einigung über eine Verlängerung des Mandats des UN-Sicherheitsrats erzielt werde, erklärten UN-Vertreter am Freitag in Genf.
Allein in der umkämpften Region Idlib sind 2,7 Millionen Menschen von der Hilfe abhängig, wie ein Sprecher des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha) dem Evangelischen Pressedienst (epd) erklärte. Eine Weiterführung der Hilfen über die Grenzübergänge in syrische Gebiete, die nicht unter Kontrolle des Assad-Regimes stehen, wird nach Angaben von Diplomaten im UN-Sicherheitsrat von Russland und China blockiert.
Ocha-Sprecher Jens Laerke betonte, dass die UN-Hilfswerke keinen "Plan B" hätten. Der Transport über die Grenzübergänge, etwa aus der Türkei, sei die einzige Möglichkeit, die Menschen zu versorgen. Bis Freitagabend sollten über vier Grenzübergänge noch Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente geliefert werden.
Russland und China hatten am Jahresende im Sicherheitsrat mit ihren Vetos eine Resolution verhindert, wonach weiter im großen Umfang Hilfsgüter über die Grenzen hätten geliefert werden können. Deutschland, Belgien und Kuwait hatten damals den Resolutionsentwurf eingebracht.
Russland, das mit Assad verbündet ist, argumentiert, dass die Notwendigkeit für eine Verlängerung der Hilfen aus dem Ausland entfallen sei. Präsident Baschar al-Assad und seine Regierung hätten die Kontrolle über Syrien weitgehend wiedererlangt. Am Freitag liefen indes noch Verhandlungen unter den 15 Mitgliedern des Sicherheitsrates über eine Verlängerung des Mandats.
Die Assad-Armee versucht mit russischer Unterstützung, das nordwestliche Gebiet Idlib und angrenzende Regionen zurückzuerobern. Es ist eine der letzten großen syrischen Regionen in der Hand der Assad-Gegner. Dort verschanzen sich Zehntausende islamistische Kämpfer. Außerdem harren rund drei Millionen Zivilisten in Idlib aus. Seit April 2019 wurden dort mehr als 1.300 Zivilisten durch Luftschläge und Bodenbeschuss getötet.
Im selben Zeitraum flüchteten mehr als 700.000 Menschen vor der Gewalt. Der Weg in die Türkei ist den Menschen versperrt, da die Regierung in Ankara die Grenze zu Syrien sperrt. Der Syrien-Krieg begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad. Hunderttausende Menschen kamen seither ums Leben. Millionen Menschen wurden in die Flucht gezwungen.